Der Wald als Apotheke!

Dr. Helmut Strohmeier über die Heilkraft von Phytopharmaka

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„Bis heute ist der moderne Arzneischatz ohne Heilpflanzen respektive deren Inhaltsstoffe nicht denkbar, was sich sowohl im Deutschen wie auch im Europäischen Arzneibuch in zahlreichen Monografien widerspiegelt“ sagt Dr. Helmut Strohmeier von der Würzburger Theater-Apotheke. Foto: ©Norbert Schmelz Fotodesign

In Deutschland sind derzeit rund 93.000 Arzneimittel zugelassen, 1.508 davon beruhen auf Phytopharmaka – will heißen, sind Arzneimittel rein pflanzlicher Herkunft. Pharmaforscher versuchen heute, pflanzliche Wirkstoffe aus Samen, Blüten, Blättern oder Wurzeln herauszufiltern oder sie im Labor synthetisch nachzubilden.

Gelungen ist das etwa bei Aspirin: Der Wirkstoff Salicin aus der Weidenrinde stand Pate für dieses Schmerzmittel. Der Wald ist nicht nur Erholungs- und Therapieort, sondern auch Auffindungsort für viele Heilkräuter.

Und der Würzburger Apotheker Dr. Helmut Strohmeier ist nicht nur ausgewiesener Experte in Sachen „Chemie“, sondern kennt sich auch bei phytotherapeutischen Arzneimitteln aus. Das ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass er seine Doktorarbeit über die Arzneidroge Folia Belladonnae (Schwarze Tollkirsche) geschrieben hat.

„Die Schwarze Tollkirsche wächst in Laubwäldern und am Waldrand, ist giftig und führt zu Atemlähmung“, erklärt der bewanderte Apotheker. Aber jede Apotheke müsse den Inhaltsstoff der Tollkirsche, das Atropin, in injizierbarer Form als Antidot (Gegengift) bei Vergiftungen mit beispielsweise E 605, auch heute noch vorrätig halten. Als homöopathische Globuli in einer Verschüttelung D6 oder D12 sei sie sehr hilfreich bei hohem Fieber, Atemwegsentzündungen oder grippalen Infekten und könne auch Kleinkindern verabreicht werden.

„Betrachtet man unsere heimischen Nadelbäume, wie Kiefer, Fichte, Eibe, Lärche, Tanne, Thuja, die mit ihren Rinden, Blüten, Nadeln und Zapfen, Harze, Öle und zahlreiche ätherische Öle liefern, entdecken wir die Heilkraft der Mistel in diesen Wirtsbäumen gegen Tumore“, beginnt Dr. Strohmeier seinen Parforceritt durch den Wald mit seinen pflanzlichen Helferlein.

Heilkräuter hätten, zur richtigen Jahreszeit geerntet und in den richtigen Mengen konsumiert, durchaus ihre Bedeutung. So könne etwa Waldmeister, der krampflösend, beruhigend und schweißtreibend wirke, so der Strohmeier, nur vor der Blüte, also April bis Mai geerntet werden.

„Waldmeister enthält Cumarin, das leicht beschwingt und in geringer Dosierung bei Kopfschmerzen und Migräne hilft. In höherer Dosierung könne Waldmeister jedoch Erbrechen und Schwindel verursachen, weshalb die medizinische Verwendung umstritten sei. Der Bärlauch, auch Wildknoblauch genannt, gehört zu den Lauchkräutern. Er gedeihe auf feuchtem, humusreichem Laub- und Auenwaldboden und könne mit Maiglöckchen oder der Herbstzeitlosen verwechselt werden, die giftig sind. „Bärlauch hilft bei Frühjahrsmüdigkeit, indem er ausleitet und entschlackt“, so Strohmeier.

Die Brennnessel, oft gleich in der Nachbarschaft angesiedelt, sei entzündungshemmend und ein Basismittel gegen Allergien. Efeu und Moos seien für die Atemwege von großer Bedeutung und der schwarze Holunder (Familie der Moschuskrautgewächse) wirke harn- und schweißtreibend, helfe aber auch bei Nasennebenhöhlenentzündung und Stockschnupfen, weiß Dr. Helmut Strohmeier.

Der Storchenschnabel (Gattung Geranie) sei ein Notfallmittel erster Güte. Er helfe im Schockzustand, indem er Blockaden löse. Und last but not least steigen wir in die Eisen und kommen zum Schluss – obwohl rechts und links des Weges noch so manches blüht, was die Naturapotheke bereitstellt.

Eine Therapie, die die Kraft der Bäume für sich nutzbar macht, sei jedoch noch genannt, die Bachblüten-Therapie, benannt nach dem englischen Arzt Dr. Ewald Bach. Er empfiehlt die Waldkiefer (pine), die Lärche (larch) oder die Eiche (oak) etwa bei Mutlosigkeit oder Verzweiflung.

Also, nichts wie raus in die Natur!

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