Ein gewinnendes Lächeln

Lebenslinie im Gespräch mit Professor Dr. Stellzig-Eisenhauer, Direktorin der Poliklinik für Kieferorthopädie im Zentrum für Zahn-, Mund- und Kiefergesundheit des Universitätsklinikums, über schöne, gesunde Zähne bis ins hohe Alter

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Im Alter führen vermehrt Zahnfleischerkrankungen zu Veränderungen der Zahnstellung bis hin zum Zahnverlust. „Zuerst muss die jedoch die Entzündung behandelt werden, bevor die entstandenen Zahnfehlstellungen kieferorthopädisch korrigiert werden können“, so Professor Dr. Stellzig-Eisenhauer. Foto:  Römmelt, Uniklinikum Würzburg

Im Alter führen vermehrt Zahnfleischerkrankungen zu
Veränderungen der Zahnstellung bis hin zum Zahnverlust.
„Zuerst muss die jedoch die Entzündung behandelt
werden, bevor die entstandenen Zahnfehlstellungen
kieferorthopädisch korrigiert werden können“, so Professor
Dr. Stellzig-Eisenhauer. Foto: Römmelt, Uniklinikum Würzburg

Zum Kieferorthopäden ging man früher meist nur als Kind.

Maximal bis zum 18. Lebensjahr, dann war das auch mit diesen lästigen Zahnspangen erledigt, die einem sowieso nur am Selbstwert kratzten und deren Sinn und Nutzen für den Pubertierenden zwischen 12 und 18 nicht wirklich erkennbar war.

Rund ein Drittel der Patienten in unserer Abteilung sind heutzutage Erwachsene, sagt die Direktorin der Kieferorthopädie der Zahnklinik Würzburg.

„In den letzten 20 Jahren ist der Anteil Erwachsener stetig gestiegen“, so Professor Stellzig-Eisenhauer.

Das ist nicht zuletzt auf den Einfluss der Medienwelt zurückzuführen, in der fast ausnahmslos Menschen mit weißen und geraden Zähnen abgelichtet werden und diese und nur diese mit breitem, perfektem Lächeln von roten Teppichen aus in die Kamera strahlen.

Zwei Drittel aller Deutschen, belegt eine Emnid-Studie, beurteilen die Attraktivität und Schönheit eines Menschen nach seinem Lächeln. Strahlend weiße und gerade Zähne stehen für Gesundheit, Vitalität, Ausgeglichenheit, Kompetenz, Stärke, Erfolg und Glaubwürdigkeit, so auch eine Studie des King’s College in London.

„Die Patienten kommen aus unterschiedlichen Gründen zu uns. Meist ist es der Wunsch nach Verbesserung der Stellung der oberen und unteren Frontzähne, nicht selten stehen jedoch auch kaufunktionelle Probleme im Vordergrund“ so Stellzig-Eisenhauer.

„Für eine dauerhafte Korrektur von Fehlstellungen der Frontzähne ist nicht zuletzt die richtige Position dieser Zähne im Kiefer, also ebenfalls funktionelle Gründe, entscheidend.“

Dass sich Frontzähne, die früher einmal gerade standen, im Erwachsenenalter verschieben, kann ganz verschiedene Ursachen haben.

Engstände in der Unterkieferfront entstehen meist im jungen Erwachsenenalter und sind in der Regel auf späte Wachstumsveränderungen des Unterkiefers zurückzuführen.

Obere Frontzähne können sich verschieben, wenn sie nicht achsengerecht im Kiefer stehen, bereits Kontaktfehler zwischen den einzelnen Zähnen bestehen und die Seitenverzahnung nicht korrekt ist, was dazu führen kann, dass die hinteren Zähne nach vorne wandern.

Auch kann die Schuld im Kieferknochen liegen, der sich entweder altersentsprechend oder aufgrund von Entzündungen des Zahnapparates (sogenannte Parodontitis) abbaut, so dass die Zähne weniger gut verankert sind.

Ab dem 18. Lebensjahr ist die Kieferorthopädie nicht mehr in der kassenzahnärztlichen Versorgung eingeschlossen. Da heißt, es gibt es keine Kostenerstattung, es sei denn im Zusammenhang mit einer kieferchirurgischen Korrektur von ausgeprägten Kieferfehllagen. Foto: Römmelt, Uniklinikum Würzburg

Ab dem 18. Lebensjahr ist die Kieferorthopädie nicht mehr
in der kassenzahnärztlichen Versorgung eingeschlossen.
Da heißt, es gibt es keine Kostenerstattung, es sei denn im
Zusammenhang mit einer kieferchirurgischen Korrektur
von ausgeprägten Kieferfehllagen. Foto: Römmelt, Uniklinikum Würzburg

„Je älter wir werden, desto komplexer werden die Probleme in der Mundhöhle. Häufig ist eine kieferorthopädische Behandlung daher interdisziplinär, also zusammen mit der Parodontologie, Prothetik oder Chirurgie“.

Das Gute, Zähne können zeitlebens kieferorthopädisch bewegt werden, so dass eine kieferorthopädische Behandlung bei Erwachsenen egal ob mit 20, 50 oder auch später prinzipiell möglich ist. Der Wunsch, die eigenen Zähne bis ins hohe Alter zu behalten werde oft unterschätzt.

„Die eigenen Zähne stehen für Identität, Vitalität und Gesundheit und haben nicht zuletzt mit Selbstwertgefühl zu tun“ so Prof. Stellzig-Eisenhauer.

„So stellte sich eine Patientin Jahrgang 1927 bei mir vor, deren Sorge der Erhalt ihres Gebisses war. Sie hatte einen geringen Engstand in der oberen Front. In diesem Fall war eine Behandlung nicht notwendig, da das Gebiss ansonsten perfekt, sehr gepflegt war, und keine Gefahr für die Zähne bestand“, erzählt die Kieferorthopädin aus der Praxis.

Werden Fehlstellungen jedoch als ästhetisch und funktionell beeinträchtigend beschrieben, kann geholfen werden.

„Erst letzte Woche kam ein 52-jähriger Patient zu mir in Beratung. Er störte sich an zunehmenden Dreh- und Engständen der unteren Front, wollte aber keine feste Spange von außen, da er viele Kundengespräche führen muss. In solchen Fällen kann eine Zahnspange eingesetzt werden, die an den Innenflächen der Zähne befestigt ist, und somit beim Sprechen und Lachen nicht sichtbar ist. Wenn keine weiteren Fehler in der Verzahnung vorliegen, sind diese Behandlungen wenig störend und meist innerhalb eines Jahres abgeschlossen.“

Auch wenn man nicht permanent über den roten Teppich schreitet, ein gewinnendes Lächeln kann man immer und überall brauchen!

Funktionale Belastung (der regelmäßige Biss in den Apfel), eine gute Stellung der Zähne im Knochen und eine optimale Mundhygiene (drei Mal täglich Zähne putzen und regelmäßige professionelle Zahnreinigungen beim Zahnarzt) sind Garanten, die Zweiten möglichst bis ins hohe Alter zu behalten.

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