Dresscodes im Krankenhaus

Von Göttern in Weiß und Chirurgen in Grün: Warum tragen Ärzte unterschiedliche Farben?

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Foto: depositphotos.com/©lenecnikolai

Ärzte tragen weiße Kittel, das weiß doch jedes Kind. Doch tatsächlich begegnen uns in Krankenhäusern auch alle möglichen anderen Farben – von Grün über Blau zu Gelb und sogar Altrosa. Was genau hat es damit eigentlich auf sich? Weiß symbolisiert Reinheit und Sauberkeit.

Den „Göttern in Weiß“ verleiht Weiß Autorität und weckt Vertrauen in ihre Kompetenz. Doch bis vor 150 Jahren übten Ärzte ihren Beruf noch in langen schwarzen Gehröcken aus. Erst als man entdeckte, dass sich viele Krankheiten durch Hygiene vermeiden und Krankheitserreger durch große Hitze abtöten lassen, wurden weiße Kittel, Standard in der Medizin. Im Gegensatz zu Gehröcken konnte man sie kochend heiß waschen und damit für Keimfreiheit sorgen.

Grün: die Farbe der Hoffnung

Im Operationssaal jedoch sind Grün oder Blau inzwischen die vorherrschenden Farben: „Das hat zum einen farbpsychologische Gründe: Grün und Blau wirken beruhigend auf den Patienten“, weiß Dr. Jörg Hoffmann, leitender Konsiliararzt und Facharzt für Herzchirurgie an der Universitätsklinik Würzburg. „Außerdem ist der Kontrast von roten Blutflecken hier deutlich geringer, als auf weißer Kleidung.“

Da heute Eingriffe oft nur unter lokaler Betäubung durchgeführt werden, ein nicht unwesentlicher psychologischer Aspekt. Weiße Textilien im OP wären aber auch für den Operateur selbst kontraproduktiv: „Die Augen sind hier im Höchsteinsatz! Eine weiße Umgebung würde die grelle Halogenbeleuchtung viel zu stark reflektieren und damit die Augen zu stark ermüden oder sogar blenden,“ betont der Funktionsoberarzt.

Auch der irritierende „Nachbild-Effekt“, der entstehe, wenn der Operateur lange auf eine offene rote Wunde und dann auf weißen Stoff schaue, werde durch grüne oder blaue Textilien verhindert.

„Dresscodes“ im Krankenhaus

„In der modernen Medizin gibt es die sogenannte Bereichskleidung“, führt Dr. Hoffmann weiter aus. „Die Ärzte haben je nach Einsatzbereich eine farblich einheitliche Kleidung. Damit sollen sie sich von ihrem Umfeld sichtbar absetzen und gleichzeitig einem Bereich eindeutig zugeordnet werden.“ Wenn ein Arzt den sterilen OP im farbigen Kittel verlässt, ist ihm Ärger sicher: „So können gefährliche Mikroben aus dem OP in andere Abteilungen gelangen und das ist strengstens verboten.“

Die Kleidung müsse in der „Schleuße“, die den sterilen OP vom nicht sterilen Bereich trennt, komplett ausgezogen und in die Wäschekörbe der Reinigungsfirma geworfen werden. Bei hochinfektiösen Fällen werde sie sogar direkt verbrannt.

Auch in der Reinigungsfirma sorgt der „Farbcode“ für mehr Sicherheit in der Hygiene. Auf einen Blick ist klar, in welchem Bereich die Textilien im Einsatz waren und welche Reinigung von Nöten ist. Einer riskanten Durchmischung der Kleidung werde ebenfalls vorgebeugt. „Es gibt keine einheitliche DIN-Norm für diese Farbcodes“, erklärt Dr. Hoffmann.

„Das ist historisch gewachsen und wird überall unterschiedlich gehandhabt.“ Meist aber stehe Blau für Intensivmedizin, Gelb für Infektiologie, Mikrobiologie oder Tropenmedizin und Altrosa für Radiologie und Gynäkologie. „Grün kommt bei uns bei besonders blutigen Eingriffen zum Einsatz.“

Als Dr. Jörg Hoffmann in Kalifornien/USA als Chirurg tätig war, erlebte er, wie Kollegen in „Arbeitskleidung“ in der Mittagspause in den Supermarkt gingen: „Sie wurden von Passanten regelrecht angehimmelt, das war natürlich nett. In Deutschland wäre das aus hygienischen Gründen undenkbar.“ 

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