Kein Entweder-oder

Orthopädie-Technikermeister Matthias Endres über Tapes, Bandagen & Orthesen

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©Schön & Endres GmbH & Co.KG

Im Internet gibt es sie zwischen einem und fünf Euro pro Rolle und in lustigen bunten Farben. Die Rede ist von Tapes. Und die Beschreibungen der Produktanbieter suggerieren bisweilen, dass jede:r sie einfach an die schmerzende Stelle kleben kann und alles wird gut. „Dem ist aber nicht so“, weiß Orthopädie-Technikermeister Matthias Endres. „Man muss muskuläre Balancen und das Zusammenspiel von Gelenken, Bändern und Sehnen gut kennen, sprich medizinisches Wissen haben, um mit Tapes eine therapeutische Wirkung erzielen zu können.“ Zudem gäbe es Tapes mit unterschiedlichen Dehnungsgraden in Längs- und Querrichtung. Schon in der Auswahl des Tapes für das jeweilige Problem sei ein:e Expert:in gefragt. Die Gesundheit müsse einem zu wertvoll sein, um hier den Selbstversuch zu starten, mahnt Matthias Endres und rät Laien dringend davon ab, selbst zu tapen. Vornehmlich komme das Tape im Sportbereich zum Einsatz, entweder bei Spontan-Verletzungen als „Erste-Hilfe-Maßnahme“ oder als Prophylaxe bei vorgeschädigten Körperpartien, in der Regel von Ärzt:innen oder Physiotherapeut:innen der Mannschaft „verordnet“ und angebracht. Untersuchungen bei Fußballspieler:innen hätten aber auch gezeigt, dass die Wirkung von Tapes eine Halbwertszeit habe. Nach 45-minütigen Tragezeit lasse die stabilisierende Wirkung schon deutlich nach. „Hat man sich eine Zerrung oder Überdehnung zugezogen oder hat sich eine Gelenkschwäche bereits etabliert, ist die Bandage das Mittel der Wahl“, sagt Mattias Endres. „Die Bandage ist eine Mischung aus zirkulärer Stütze mit Haltemodulen, sodass man sie nach persönlichem Bedarf anpassen kann.“ Und biete so mehr Stabilisierung vornehmlich durch Kompression auf den „angeknacksten“ Bereich. Bei einer Bänderdehnung etwa mit einer Genesungszeit von sechs bis acht Wochen sei in der Regel die Bandage das Therapeutikum der Wahl. Manchmal aber auch die feste Orthese („Stützapparatur“ aus Bandagen und Schienen). Und das sei der Punkt: „Es gibt kein Entweder-oder, sondern nur das Sowohl-als-auch.“ Je nach individuellem Beschwerdebild werde das Hilfsmittel, das in dem speziellen Fall die vielversprechendste Lösung in Bezug auf die Wiederherstellung der Beweglichkeit darstellt, ausgewählt. Am konkreten Beispiel heißt das: bei einem „Umknick“-Trauma etwa muss das Fußgelenk in den ersten zwei Tagen hochgelagert, gekühlt und weitgehend ruhiggestellt werden. Dann werde meist eine Kompressions-Bandage zur Abschwellung angebracht. Diese habe aber wenig Stützwirkung. Daher benötigten Patient:innen mit diesem Krankheitsbild für die ersten Wochen nach dem Vorfall eine Orthese, die den Fuß gemeinsam mit Unterarmstützen beim Gehen vom Körpergewicht entlaste. Bis zu neun Monate könne sich eine Bänderverletzung hinziehen, sodass bei Besserung im weiteren Verlauf wieder auf eine Sprunggelenksbandage „abgerüstet“ werden könne. Um kein erneutes „Umknick“-Trauma zu erleiden, könne dann im weiteren Verlauf das Tape als Prophylaxe das Richtige sein. Bei einem Bruch habe die Orthese weitgehend den Gips abgelöst. „Sie kann nachts und auch zur Körperpflege abgelegt werden. Zudem kann die Wundversorgung mit einer Orthese besser betrieben werden“, berichtet der Orthopädie-Technikermeister.

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