Zwischen Risiko und Nutzen

Professor Dr. Ulrich Steger über sein Fach und einschneidende Veränderungen, die sich durch die Chirurgie für Patienten ergeben

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In der onkologischen Chirurgie sei immer eine
Diagnose vorausgegangen, die für den Patienten ein einschneidendes Ereignis war, so Professor Steger. Oft werde das gesamte Leben des Betroffenen in Frage gestellt. Foto: Fotos: Prof. Dr. Ulrich Steger © Inline Internet &
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Professor Dr. Ulrich Steger ist seit 1. Juli 2019 Chefarzt der Allgemein- und Vizeralchirurgie Klinikum Würzburg Mitte (KWM), Standort Juliusspital. Als junger Mann weckte einst der Leistungssport seine Neugier an den Abläufen und Strukturen des menschlichen Körpers. Mit der Spezialisierung auf die „Chirurgie“ habe er das „Handwerkliche“ abdecken können, worin er schon immer gut gewesen sei, erzählt der heute 50-Jährige Vollblutmediziner vom Abwägen, Medizin als Studienfach zu wählen.

Dass sein jetziger klinischer Schwerpunkt die onkologische Chirurgie sei, habe sich dann so ergeben. Nach dem Medizinstudium an der Julius-Maximilians-Universität, wo er heute, 30 Jahre später, auch unterrichtet, war er zunächst Assistenzarzt am Würzburger Universitätsklinikum und oft zuständig für die Leber-Sprechstunde: „Hier hatte ich häufig mit Tumorabsiedelungen in der Leber (Leber-Metastasen) zu tun und musste mich mit den Besonderheiten einzelner Tumorarten verschiedenster Organe wie etwa Darm, Magen, Bauchspeicheldrüse, aber auch Brust und Lunge auseinandersetzen. So bekam ich Einblick in die Tumorchirurgie und in Verbindung stehende Entitäten (Symptomenkomplexe).“

Als heute gefragter Experte für onkologische Chirurgie an Leber, Darm, Galle und Bauchspeicheldrüse hat er die letzten Jahre als Chefarzt der Chirurgischen Klinik I des Mathias-Spitals in Rheine beispielsweise die transanale Totale Mesorektale Exzision (taTEM) speziell bei Mastdarmkarzinomen mit zwei Zugängen praktiziert. Dieses Verfahren will er auch in Würzburg spätestens Anfang 2020 fest etablieren. Man habe mit diesem Verfahren eine bessere Sicht auf den Tumor und könne so noch bessere Ergebnisse für den Patienten erzielen, so der Arzt mit Weiterbildungen etwa in Proktologie oder spezieller Vizeralchirurgie.

Neue Behandlungsmöglichkeiten forcieren, das sei eines der Dinge, die er sich für seine neue Aufgabe hier vorgenommen habe. Aber dem nicht genug: Er möchte „die bestmögliche Patientenversorgung gewährleisten, Zeit zum Reflektieren haben und geben, den Nachwuchs für das Fach begeistern und zudem Raum für Freude und Zufriedenheit schaffen – sowohl für Patienten als auch für Mitarbeiter“, betonte der neue Chef der Chirurgie am KWM-Standort Juliusspital bei seinem Antritt. Auf die Frage, ob „bestmögliche Versorgung der Patienten“ nicht bisweilen mit DRGs (DRG; deutsch: diagnosebezogenen Fallgruppen) und vorgegebenen Liegezeiten kollidierten, räumte Ulrich Steger ein, dass Arzt sein auch beinhalte, sich im Einzelfall nicht nur von DRGs und Leitlinien lenken zu lassen, wenn es das Wohl des Patienten erfordere. Alles sei immer eine Abwägung zwischen Risiko und Nutzen, so Steger.

„Jede OP und ist sie auch noch so klein, birgt ein Risiko. Der Nutzen bei einem Eingriff muss immer überwiegen,“ betonte der Chirurg. „Wenn sich am OP-Tisch Komplikationen ergeben, sind das immer meine Komplikationen, ich trage die Verantwortung“, so der Mediziner. „Und auch, wenn der Chirurg alles tut, was er kann, um das bestmögliche Ergebnis für den Patienten zu erzielen, manche Dinge und Verläufe lassen sich in der Medizin nicht im Voraus erkennen. Das darf man dabei nie vergessen!“

Der Operateur spiele eine wichtige Rolle im Leben seiner Patienten, er verändere oftmals durch sein Tun ihr Leben einschneidend – im wahrsten Sinne des Wortes. „Aber Patienten verändern auch unser Leben“, räumt der erfahrene Chirurg ein: Denn speziell onkologische Erkrankungen würden täglich daran erinnern, wie endlich das Leben sei.“ In diesem Sinne „Carpe diem!“

Das Interview mit Professor Dr. Ulrich Steger, Chefarzt der Allgemein- und Vizeralchirurgie im Juliusspital führte Lebenslinie-Chefredakteurin Susanna Khoury.

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