Wo entsteht Intelligenz?

Die Psychologin Dr. Kirsten Hilger forscht rund um die Datenautobahnen im menschlichen Gehirn

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Das Gehirn besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen. Jede einzelne kann mit bis zu 10.000 Synapsen in Kontakt zu ihren Nachbarneuronen stehen. Gleichzeitig bilden erschiedene Areale und Regionen dynamische Netzwerke – alles scheint miteinander verbunden zu sein. Für die Psychologin Kirsten Hilger ist das menschliche Gehirn eine wahre Wundermaschine. Seit 2019 leitet die 32-Jährige am Lehrstuhl für Psychologie I an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg die Forschergruppe „Networks of Behaviour and Cognition“. Herausfinden will sie in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt, inwieweit Netzwerke im Gehirn mit höheren oder niedrigeren Intelligenzwerten in Zusammenhang stehen.

Hilgers Hypothese lautet: Für die Intelligenz sei vor allem relevant, wie die unterschiedlichen Regionen im Gehirn dynamisch und interaktiv miteinander in Beziehung treten und kommunizieren. „Ich begreife das Gehirn nicht als einzelne Regionen, sondern als Netzwerk“, sagt sie und vergleicht: Je besser eine Autobahn ausgebaut sei, desto schneller fließe der Verkehr. Und auch in sozialen Netzwerken hänge das Outcome einer Debatte nicht von einer einzelnen Person ab, sondern vom Interagieren: Wie gut passen Teammitglieder zusammen? Bilden sich Grüppchen? „Das alles kann man sich auch im Gehirn anschauen. Wie effizient ist der Kommunikationsfluss? Welche Gruppen bilden sich? Gibt es Gehirnregionen, die bestimmen, wie die unterschiedlichen Gruppen interagieren?“, veranschaulicht die Psychologin.

Um Aktivität im Gehirn zu messen, bestimmen Wissenschaftler mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie den Sauerstoffgehalt im Blut. Hilger geht davon aus: Sammelt sich viel sauerstoffreiches Blut an, ist dies ein Zeichen für erhöhte Aktivität. Während sie sich bei früheren Untersuchungen Vernetzungseigenschaften im Ruhezustand anschaute, will die 32-Jährige nun untersuchen, wie sich Netzwerke verändern, wenn Personen eine Aufgabe lösen, die intelligentes Verhalten erfordert.

Dabei wird ihre Forschungsgruppe rund 1200 schon existierende MRT-Datensätze aus den USA auswerten. „Alle Personen machten den gleichen Intelligenztest, lösten die gleichen Aufgaben innerhalb und außerhalb des MRT und bei allen Personen wurde die gleiche Ruhezustandsmessung vorgenommen“, sagt Hilger. Die Würzburger teilen das Gehirn in verschiedene Regionen ein und werten aus, wann Regionen ähnliche Aktivierungsmuster haben. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Gehirnregionen verbunden sein müssen, wenn sie in der gleichen Frequenz schwingen. Dieses Netzwerk wird am Ende in Relation zu einem zuvor berechneten Intelligenzwert gesetzt.

Herausfinden wollen die Wissenschaftler so, wie das Netzwerk bei intelligenteren und weniger intelligenteren Probanden funktioniert. Dies ließe in weiteren Schritten vielleicht Rückschlüsse zu, welche Bereiche im Gehirn gestört sein können etwas bei Menschen mit Lernschwierigkeiten.

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