Wie Ton in meinen Händen …

Kontakt mit seinem Innersten aufnehmen: die Arbeit am Tonfeld®

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Meine Augen sind geschlossen, die Ratio meilenweit weg. Beherzt greife ich mit beiden Händen in den Ton. Das zunächst noch sehr feste Material umschließt meine Finger. Es fühlt sich gut an, leistet aber merklichen Widerstand. Ich spüre den Drang sämtliches Material bis in die Ecken des rechteckigen Holzkastens energisch durchzukneten. Erinnerungen an unbeschwerte Kindertage am Nordseestrand werden wach. Was war es doch für eine Wonne, im Watt zu spielen und von oben bis unten mit „Dreck“ beschmiert in der Sonne zu sitzen. Zunächst ist das Bearbeiten des Tons anstrengend. Doch schon nach kurzer Zeit wird es leichter. Der Ton fügt sich – unter Zugabe von Wasser – immer mehr meinem „Willen“. Irgendwann haben meine Hände ihre „Arbeit“ getan. „Mein Berg“ ist entstanden. Ich halte ihn fest umklammert. Er fühlt sich gut an. Ich habe etwas geschafft und atme auf. Wieder einmal habe ich mich für die Lebenslinie auf neues Terrain begeben und diesmal die Arbeit am Tonfeld® nach Professor Heinz Deuser studiert. An meiner Seite war die in der Sanderrothstraße 6a in Würzburg ansässige Kunsttherapeutin, Kunstpädagogin und Begleiterin in der Arbeit am Tonfeld®, Beate Prieser-Klein.

Foto: Beate Prieser-Klein ©Foto Fix Würzburg

„Es gibt Phänomene, die kann man zwar versuchen zu vermitteln, durchdringen kann man sie jedoch nur durch eigene Erfahrung, durch eigenes Erleben“, erklärt die Begleiterin das Wesen der in den 1970er-Jahren begründeten Therapieform. „Arbeit am Tonfeld® ist eine Einladung, in Kontakt mit sich selbst zu kommen und der eigenen Spur zu folgen.“ Sie sei eine ganzheitlich wirksame, achtsame Arbeit an der eigenen Lebenslinie mittels der nonverbalen, universellen Sprache der Haptik der Hände. Diese Sprache der Haptik zu lesen, sei das Bestreben des Tonfeldbegleiters. Die Arbeit am Tonfeld® sei nicht symptom-, sondern entwicklungsorientiert und daher über einen längeren Zeitraum angelegt. Prieser-Klein wendet sie seit 15 Jahren an und ist überzeugt: „Die Arbeit am Tonfeld® bietet die Chance, seelische Blockaden zu lösen, Beziehungsstrukturen zu klären und Nachreifungen zu ermöglichen.“ In einer solchen Einzelarbeit, die durch Präsenz, Ermutigung und Spiegelung einer ausgebildeten Fachkraft begleitet wird, werden die Klientinnen und Klienten selbst aktiv. Durch das Erleben von eigenem Bewirken und Gestalten sowie „der Gewissheit, darin wahrgenommen zu werden“, können der Therapeutin zufolge neue Möglichkeiten gefunden und im besten Fall tief integriert werden. Nach dem Motto: Selbstwirksamkeit erleben! Die Arbeit am Tonfeld® sei generell für jeden geeignet.

Prieser-Klein hält sie ab einem Alter von etwa drei Jahren für sinnvoll. Zuträglich sei sie im Falle von Kindern und Jugendlichen bei der Ich-Bildung, der Stärkung des Selbstvertrauens, aber auch bei Konzentrations- und Lernschwierigkeiten. Erfolge gebe es auch bei psychosomatischen Beschwerden, Entwicklungsverzögerungen, Verhaltensauffälligkeiten, sozialen Schwierigkeiten oder gar belastenden Lebenssituationen wie einer Trennung der Eltern oder einem Trauma. Erwachsene könnten durch die Arbeit am Tonfeld® Hilfe bei der Orientierung in Lebenskrisen, der Stärkung der selbstheilenden Kräfte, der Ich-Stärkung, der Selbst- und Sinnfindung, aber auch bei der Persönlichkeitsentfaltung erfahren. „Das Tonfeld® bildet ein Gegenüber, ein Medium, in dem wir uns über unsere Hände erfahren“, sagt Beate Prieser-Klein. Im besten Falle stelle sich mit der Zeit ein Gefühl von Erdung und Sinnhaftigkeit ein. Auch ich stelle am Ende fest: Der Ton in meinen Händen, das Abarbeiten in diesem begrenzten Raum hat mir tiefe, innere Zufriedenheit gegeben. Meine Nacken- und Rückenmuskulatur haben sich gelockert. Ein Zustand der Entspannung hat sich breitgemacht. Ich bin mehr bei mir als noch eine Stunde zuvor, gelassener und wünsche mir, dass dieser Zustand noch eine ganze Weile anhält.

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