Bei der Anämie, der Blutarmut, handelt es sich um einen Mangel an roten Blutkörperchen – den Erythrozyten. Dafür kann es unterschiedliche Ursachen geben: Entweder bildet der Körper zu wenig rote Blutkörperchen oder es liegt ein Blutverlust vor – zum Beispiel über den Darm oder bei Frauen im Rahmen einer starken Monatsblutung. Hier verliert der Körper dann mehr Blut als er nachbilden kann. Daher fragt die:der Ärzt:in beim Vorliegen einer Blutarmut immer ab, ob etwa Blut im Stuhl ist, ob der Stuhl schwärzlich verfärbt ist. Dies kann ein Hinweis auf eine Blutung aus dem Magen sein. Bis das Blut ausgeschieden wird, wird es durch Bakterien zersetzt und schwarz gefärbt – wie Teer, daher der unter Mediziner:innen übliche Begriff „Teerstuhl“.
Wenn der Verdacht auf einen Blutverlust über den Magen-Darm-Trakt besteht, wird eine Magen- respektive Darmspiegelung durchgeführt, um der Ursache für den Blutverlust auf den Grund zu gehen. Die Hämatologie beschäftigt sich mit den Erkrankungen des Knochenmarks, wenn der Körper nicht in der Lage ist, ausreichend rote Blutzellen zu bilden – oder wenn diese schneller als normal vom Körper abgebaut werden. Die Frage ist nun: Wann spüren Patient:innen die Anämie? Entscheidend ist immer der Zeitfaktor – entsteht die Blutarmut über lange Zeit, so hat der Körper ausreichend Zeit, sich anzupassen und die Patient:innen merken oft gar nichts von seiner Blutarmut. Entwickelt sich die Anämie schnell – man denke an einen Unfall mit akutem Blutverlust – so können Patient:innen in Abhängigkeit von der Menge des verlorenen Blutes schnell schwere Symptome entwickeln – weil nicht mehr genügend Blut im Körper ist, um alle Organe mit Sauerstoff zu versorgen, etwa das Herz und das Gehirn.
Typische Beschwerden einer Anämie sind vermehrte Müdigkeit und verminderte Belastbarkeit, Haut- und Schleimhäute werden blass. Da die Sauerstoffträger im Blut fehlen, hat man keine Reserven und bekommt etwa beim Treppensteigen nicht genügend Luft oder fühlt sich schummrig beim Aufstehen. Um eine Blutarmut zu diagnostizieren, muss ein Blutbild angefertigt werden: Ärtzt:innen schauen hier auf den sogenannten Hämoglobin-Gehalt des Blutes (HB-Wert) oder auf den Anteil der roten Blutkörperchen – der Erythrozyten – am Blutvolumen (der sogenannte Hämatokritwert). Daneben wird bestimmt, ob die roten Blutkörperchen normal groß sind und einen normalen Gehalt des roten Blutfarbstoffs, des Hämoglobins, enthalten.
Und auch die Bausteine für die Blutbildung – Eisen, Vitamin B12 und Folsäure – lassen sich durch eine einfache Blutuntersuchung bestimmen. So kann bereits durch die Hausärzt:innen schon sehr viel an Information gewonnen werden in Bezug auf die Ursache der Blutarmut. Und die Patient:innen können je nach Vermutung an Fachärzt:innen überwiesen werden – an Magen-Darm-Spezialist:innen (Gastroenterolog:innen), wenn der Befund auf einen Blutverlust über den Darm hinweist, oder an Hämatoonkolog:innen, wenn eine Störung der Blutbildung als Ursache vermutet wird.
Gastbeitrag von Dr. Julia Mersi, Oberärztin für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW)