So weit die Füsse tragen…

Lebenslinie im Gespräch mit Dr. Stephan Forster, Oberarzt in der Unfallchirurgie der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg

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Der Mensch lernt Gehen, indem er aufhört, sich an andere zu klammern.

Nun steht er auf eigenen Füßen und beginnt gleich mit dem Marathon seines Lebens, der ihn bei durchschnittlicher Lebenserwartung zwei bis vier Mal um die Erde führt.

28 Knochen, 19 Muskeln, 107 Sehnen und Bänder tragen tagtäglich unser Körpergewicht und sorgen dafür, dass alles läuft wie geschmiert, und wir nicht die Bodenhaftung verlieren.

Die Zielgruppe für Fußdeformationen ist keine einheitliche. Von Kindern bis Senioren können alle betroffen sein, so Dr. Forster. Foto:©Schmelz-Fotodesign

Die Zielgruppe für Fußdeformationen ist keine einheitliche. Von Kindern bis Senioren können alle betroffen sein, so Dr. Forster. Foto:©Schmelz-Fotodesign

„Der Fuß ist keine Plattform, die man einfach hinstellt, sondern besteht aus vielen kleinen Knochen, die eine Einheit bilden. Diese Einheit koordiniert eine Vielzahl von Bewegungen auf fantastische Art und Weise“, erklärt Unfallchirurg Dr. Stephan Forster das Wunderwerk Fuß.

„Es ist das Fundament, auf dem die ganze Statik unseres Körpers fußt“, so der Oberarzt der Unfallchirurgie der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg.

Gerät hier etwas aus den Fugen, hinterlässt das nicht nur am Fundament Spuren, die Statik des ganzen Überbaus gerät ins Wanken.

„Fußdeformationen wie beispielsweise Hohl-, Knick, Spreiz- oder Plattfüße können die Anatomie des ganzen Körpers so in Schieflage bringen, so dass Knie, Hüfte oder Bandscheiben in Mitleidenschaft gezogen werden“, berichtet Dr. Forster aus langjähriger Erfahrung.

Früh erkannt, können Fußdeformationen mit Schuheinlagen oder Orthesen (äußerlich angewandte Hilfen, die stabilisieren, entlasten, ruhig stellen oder führen) korrigiert werden.

Die Achillessehne der Fußgesundheit ist oft unpassendes Schuhwerk, mangelnde Fußpflege oder einfach Verschleiß.

Wer die Zeichen der Zeit, die am Fuß Spuren hinterlassen, beständig ignoriere, der müsse damit rechnen, das irgendwann die OP auf den Fuß folgt, so das Mitglied der Gesellschaft für Fußchirurgie Dr. Forster.

Diese müsse dann nicht unbedingt den Fuß betreffen, sondern, könne auch durch jahrelange Dysfunktion des Fußes und eine daraus resultierende Ausgleichshaltung des Körpers beispielsweise das Knie- oder die Hüfte geschädigt haben.

Neben den eigenverschuldeten Funktionsstörungen am Fuß (falsches Schuhwerk, fehlende Pflege) kann auch eine genetische Veranlagung, eine angeborene Fehlstellung oder eine Bindegewebsschwäche, Grund sein, beispielsweise für den Hallux valgus, eine der am weitesten verbreiteten Vorfußdeformitäten.

„Der Hallux valgus ist eine Schiefstellung der Großzehe zur Kleinzehenreihe hin, oft verbunden mit einem Spreizfuß“, erklärt Dr. Forster die gängige Deformation.

So lange diese nicht mit Schmerzen oder einer Bewegungseinschränkung verbunden ist, sei diese zunächst ein rein kosmetisches Problem. Bei starkem Dauerschmerz, offenen Stellen am Fuß, die beispielsweise bei Diabetikern auftreten, oder wenn der Fuß nicht mehr in gängiges Schuhwerk passt und die Betroffenen in ihren Bewegungen extrem eingeschränkt sind, sei eine OP irgendwann nicht mehr vermeidbar, sagt der Wundspezialist und Fuß-Chirurg an der Missionsärztlichen Klinik.

Unsere Füße tragen uns durchs ganze Leben und dennoch achten wir sie erst, wenn sie die Last nicht mehr tragen können.

Der einzige Fußweg besteht bei manchen Menschen im Gang vom Auto zum Aufzug im Bürogebäude und dann noch im Sprint zu ihrem Schreibtisch.

Die Errungenschaften der Moderne sind zu einer Krücke geworden, an die wir uns klammern. Dabei haben wir das Laufen wieder verlernt.

Das Interview mit Dr. Stephan Forster, Oberarzt und Unfallchirurg in der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg führte Lebenslinie-Chefredakteurin Susanna Khoury.

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