Selbstständig ins Alter

Pflegehilfsmittel: Was benötige ich wann? Eine Wohnumfeld-Beratung kann hier Antworten liefern

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©Schön&Endres

„Ich komme mir manchmal vor wie der kleine David mit dem Riesen Goliath. Aber ich denke, in diesem Kampf ist ein warmes Herz der einzige Stein zum werfen“, sagte Agnes Karll, Krankenschwester und Reformerin der deutschen Krankenpflege über den Pflegeberuf. Im Dezember 2012 waren in Deutschland rund fünf Millionen Menschen pflegebedürftig, rund 20 Prozent mehr als noch 2019. Fünf von sechs Pflegebedürftigen (4,17 Millionen) wurden zuhause versorgt, in der Regel von Angehörigen (84 Prozent). Rund 79 Prozent waren älter als 65 Jahre und 33 Prozent älter als 85. Die Mehrheit der Pflegebedürftigen war weiblich (62 Prozent), so das Statistische Bundesamt1. „Die Alterspyramide steigt, die moderne Medizin verhilft zu einem immer längeren Leben und mit zunehmendem Alter steigt auch die Wahrscheinlichkeit, auf Pflege angewiesen zu sein. Auf der anderen Seite nimmt die Heimversorgung, ob Kurzzeitpflegeplatz oder vollstationär, wegen des Personalmangels in der Pflege ab und immer mehr Menschen werden zuhause gepflegt“, berichtet Matthias Endres, Geschäftsführer der Sanitätshäuser Schön & Endres in Unterfranken. Daher steige auch der Bedarf an Pflegehilfsmitteln. „2020 erhielten gesetzlich Krankenversicherte Hilfsmittel in Höhe von 9 Milliarden Euro“, so der GKV-Spitzenverband, die Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland2. Das Hilfs- und Pflegehilfsmittel-Verzeichnis umfasst über 36.000 Produkte, jährlich kommen neue hinzu. Aktuell vor allem digitale, zu denen technische Assistenzsysteme wie Hausnotrufsysteme, Erinnerungs- und Orientierungshilfen, digitale Medikamentenspender oder Geräte zur GPS-Ortung zählen. Aber was ist ein Hilfsmittel oder ein Pflegehilfsmittel? „Alles, was die körperliche Beeinträchtigung eines Menschen kompensiert“, erklärt Endres. Die Unterteilung in Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel sei dabei nur für die Abrechnung durch die Krankenkasse respektive Pflegekasse relevant. Und woher weiß man, welche Hilfsmittel es gibt, was man braucht und auf was man Anspruch hat bei über 36.000 Produkten? Wenn ein Pflegefall eintritt, sei es am besten, Fachexpert:innen aus dem Sanitätshaus des Vertrauens zu einer Wohnumfeld-Beratung nach Hause kommen zu lassen, rät Matthias Endres. Da würden Fragen geklärt wie zum Bespiel: „Ist die Wohnung/das Haus barrierefrei, braucht man Rampen, Treppensteiger, -lifter, wie schaut es im Bad aus, benötigt man Festhaltemöglichkeiten, eine Toilettensitzerhöhung, einen Duschstuhl, einen Badewannenlifter. Dann geht es weiter im Schlafzimmer. Braucht man ein Pflegebett oder einen Festhaltegriff zum Aufstehen. Welche Hilfsmittel benötigt man gleich, welche vielleicht später“, verweist der Orthopädie-Technikermeister auf den abzuarbeitenden Fragenkatalog im Fall der Fälle. Oft bekomme das Sanitätshaus einen Anruf vom Entlassmanagement des Krankenhauses und dann müsse von heute auf morgen die Hilfsmittelversorgung stehen. Das sei suboptimal! Um eine vollumfängliche gute Versorgung zu gewährleisten, sei immer ein Vorlauf von ein paar Tagen nötig. Hilfsmittel können vom Akuthaus, von Hausärzt:innen, von Sozialstationen oder dem Medizinischen Dienst verordnet werden. Dieses Rezept reiche das Sanitätshaus für die Patient:innen bei den Krankenkassen ein und lasse es genehmigen. Die meisten Kassen würden mit regionalen Anbietern zusammenarbeiten, um so kurze Wege, Verlässlichkeit und schnelle ­Versorgung (auch wenn einmal etwas kaputt ist) gewährleisten zu können. Eine Ausnahme bilde die DAK, so Endres, die Verträge mit bundesweiten Sanitätshäusern hat – mit der Konsequenz, das Pflegebedürftige schon mal zwei bis drei Wochen auf ihre Hilfsmittel warten, bis eine Tour nach Unterfranken disponiert ist. Von der Kasse werde ein Standardhilfsmittel gezahlt. Wenn der:die Patien:in ein neues, leichteres, anderes Modell haben möchte, etwa bei Rollator oder Rollstuhl, bestehe die Möglichkeit, sich ein Wunschmodell auszusuchen und privat aufzuzahlen. Welche Modelle es gibt, könne man sich in Sanitätshaus vor Ort, online, oft auch in einem Katalog anschauen. Laut Matthias Endres möchten sich die Senior:innen zunehmend etwas Gutes tun und setzen auf Selbstständigkeit und damit auf Mobilität im Alter. Nicht selten wird das Auto gegen einen E-Scooter (Anschaffungspreis ab 2.500 Euro) getauscht, mit dem man direkt vor, bei großen Geschäften sogar in den Einkaufsmarkt fahren kann. Und das sei nur eine von vielen Möglichkeiten, wie man sich im Alter den Alltag erleichtern kann, trotz der ein oder anderen körperlichen Einschränkung, weiß Matthias Endres.

Quellen: 1www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/12/PD22_554_224.html, 2www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung_1194560.jsp#:~:text=2020%20erhielten%20GKV%2DVersicherte%20Hilfsmittel,fast%204.000%20Hilfsmittel%20neu%20aufgenommen.

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