Selbsteinschätzung fördern

Fähigkeiten realistisch einschätzen, bringt Kinder im Leben weiter

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Ausbildung oder Studium? Lieber was mit Sprachen oder mit Naturwissenschaften, was liegt mir am Ehesten? Wie zielsicher junge Menschen diese Fragen beantworten, hängt maßgeblich von einem Faktor ab: ihrem sozialen Umfeld. Das hat eine Forschungsgruppe, an der die Julius-Maximilians-Universität Würzburg beteiligt ist, nun herausgefunden. Im Rahmen der Langzeit-Studie untersuchten Wissenschaftler:innen knapp 600 Familien. „Unsere Forschung zeigt, dass es Kindern aus bildungsfernen Familien schwerer fällt, sich und ihre Fähigkeiten realistisch einzuordnen“, so Studienautor Professor Fabian Kosse von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Würzburg. Für viele wegweisende Entscheidungen im Leben, etwa die Berufswahl, sei das ein entscheidender Nachteil. „Menschen, die ihre Fähigkeiten präziser einschätzen, sind im Schnitt beruflich erfolgreicher, haben höhere Einkommen und leben sogar gesünder.“ Um die Selbsteinschätzung von Kindern im Grundschulalter zu messen, konzipierten die Forschenden ein neuartiges Spiel, bei dem die Kinder Spielzeug gewinnen konnten: Die Aufgabe der Acht- bis Neunjährigen bestand darin, Murmeln in Löcher zu rollen. Nach einer Trainingsrunde konnten sie selbst den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe bestimmen, indem sie die Größe des Lochs wählten. Ein Treffer in ein kleineres Loch erzielte einen höheren Gewinn – allerdings erhöhte sich zugleich die Schwierigkeit und damit die Wahrscheinlichkeit, leer auszugehen. „Eine Analyse der Spielergebnisse zeigt: Kinder aus Familien mit höherem sozioökonomischem Status waren erfolgreicher als Kinder aus Familien mit niedrigerem Status“, so Kosse. Wie aber lässt sich diese nachteiligere Ausgangsposition aufholen? Das untersuchte die randomisierte Studie in einem zweiten Schritt. Dazu unterteilten die Forschenden Kinder aus bildungsferneren Familien per Zufall in zwei Gruppen: Eine wurde ein Jahr durch ein Mentoring-Programm betreut, für die andere gab es keine Förderung. Junge, engagierte Menschen übernahmen ehrenamtlich Pat:innenschaften für jeweils ein Kind. „Sie nahmen sich einmal wöchentlich ein paar Stunden Zeit, schenkten dem ,Patenkind‘ Aufmerksamkeit.“ Das Ergebnis: Nach einem Jahr erzielte die betreute Schüler:innengruppe deutlich höhere Gewinne im Selbsteinschätzungs-Spiel. „Das Mentoring begünstigte die Selbsteinschätzung sogar so stark, dass die Kinder nach einem Jahr auf demselben Stand waren, wie Gleichaltrige aus sozioökonomisch starken Familien“, so Fabian Kosse.

Quelle: www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0047272723000907

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