Es ist ein stechender Schmerz im unteren Rücken, der bis ins Gesäß, in die Oberschenkel und sogar bis in die Unterschenkel ziehen kann. Vor allem das Aufstehen am Morgen oder nach längerem Sitzen ist schwierig. Selbst das Gehen macht Beschwerden. Schmerzen im Ilio-Sakral-Gelenk (ISG) können zur Qual und so der Alltag zur echten Belastung werden. „Der Mensch hat ein rechtes und ein linkes ISG“, erklärt Chefarzt Dr. Andreas Fleischmann, Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin am Klinikum Main-Spessart in Lohr am Main. „Es ist die Verbindung zwischen den beiden Darmbeinen des Beckens und dem Kreuzbein, der Fortsetzung der Wirbelsäule, und wird deshalb oft Kreuzbein-Darmbein-Gelenk genannt.“ Leide ein:e Patient:in an Schmerzen im ISG, seien das jedoch keine Schmerzen, die unmittelbar im Gelenk ausgelöst würden.
„Es ist die gelenkstabilisierende Muskulatur, die verkrampft und so Druck im Gelenk aufbaut, der die Schmerzen im ISG auslöst.“ Und wie kommt es dazu? Zum einen zeichnet oft ein sitzender Lebensstil dafür verantwortlich. „Gelenke brauchen Bewegung. Je länger sie ruhiggestellt werden, desto eher verkrampft die umliegende Muskulatur.“ Auch Erkrankungen wie Morbus Bechterew, Lupus, Psoriasis oder Morbus Crohn können Schmerzen im ISG auslösen. Am Anfang einer Diagnose steht laut Dr. Fleischmann eine ausführliche Patient:innen-Befragung, um zu erfahren, wo und wann die Schmerzen auftreten und in welchem ursächlichen Zusammenhang sie stehen. Im Anschluss folgt eine Untersuchung, bei der der:die Ärzt:in die:den Patient:in in verschiedenen Positionen abtastet und versucht, Druckschmerzen auszulösen. „Bückt sich der:die Patient:in und eine verkantete Darmbeinschaufel kommt mit dem Kreuzbein mit, liegt ein sogenanntes Vorlauf-Phänomen vor.“ Das könne auf eine Störung der Beweglichkeit zwischen Kreuzbein und Darmbein hinweisen.
Um diese Vermutung zu bestätigen, werde eine Röntgenaufnahme des Beckens und gegebenenfalls ein MRT gemacht. Das ISG-Syndrom ohne andere Erkrankungen ist gut konservativ behandelbar. Um den Schmerzimpuls zu unterbrechen und die Muskulatur zu lösen, werden zunächst Schmerzmittel verabreicht. Zum anderen erhält der:die Patient:in Krankengymnastik, um Bewegung in die Gelenke zu bringen. In der Regel sollte man diesen Maßnahmen etwas Zeit geben. Fleischmann spricht hier von etwa drei Monaten. Eine weitere Möglichkeit seien Spritzen mit einem Lokal-Anästhetikum und Kortison. „In diesem Fall setzt man eine Entzündung des Gelenks voraus.“ Fruchte auch das nicht und der:die Patient:in leide mehr als ein Jahr an ISG-Schmerzen, könne erwogen werden, das Gelenk mit Schrauben operativ zu verblocken. „Bei Frauen, die noch Kinder bekommen möchten, muss das gut besprochen werden, da beim Gebären dann nur noch ein Kaiserschnitt möglich ist“, so der Chirurg. Eine andere Methode ist das Aufspreizen des Gelenks mit einer Spreizschraube. Das helfe wohl eine gewisse Zeit, scheint aber keine gute Dauerlösung zu sein, so der Chefarzt. Und wenn man das alles vermeiden möchte? Fleischmann rät, so oft es geht, Bewegung in den Alltag einzubauen – gerade bei einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit. Stehpulte, Sitzbälle, bewegliche Bürostühle, Gymnastik, Fahrradfahren, Treppensteigen statt Aufzugfahren – alle diese Maßnahmen können sinnvolle Unterstützer sein, um eine Chronifizierung von Schmerzen in den Gelenken zu vermeiden.