Schluss mit Kümmern?

Frauenärztin Katharina Hueber über die Menopause

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Mit Bewegung und Ernährung kann man viele Symptome der Wechseljahre klein halten, wie etwa auch die Gewichtszunahme (drei bis fünf Kilo in den Wechseljahren). „Dinner cancelling“ sei eine Methode, so Katharina Hueber, aber auch die generelle Reduzierung von Kohlehydraten und Zucker in Verbindung mit täglicher Bewegung sowie das Intervallfasten. Foto: ©Susanna Khoury

„Die Menopause ist die Zeit, in der die Eierstöcke aufhören zu funktionieren; es reift kein Ei mehr heran, es kommt nicht mehr zum Eisprung und nicht mehr zu Blutungen“, erklärt Frauenärztin Katharina Hueber (64) mit einfachen Worten einen komplexen Vorgang im Körper der Frau meist zwischen 45 und 55. Das geschieht jedoch nicht von heute auf morgen, sondern in der Regel über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren. Manchmal dauert es sogar noch länger.

„So individuell wie Frauen sind, so individuell sind auch deren Wechseljahre“. Auch sei das Klimakterium keine Krankheit, die um jeden Preis therapiert werden müsse, sondern eine natürliche Phase im Leben der Frau. „Ein Viertel aller Frauen zeigen mit der Einstellung der Sexualhormonproduktion überhaupt keine Beschwerdebilder“, so die Ärztin mit Praxis in Würzburg-Oberdürrbach.

Manche Frauen hätten leichte Begleiterscheinungennbei der Hormonumstellung im Körper und manche Frauen leiden unter schwerennund mannigfachen Symptomen wie Brustspannen, nächtlichen Hitzewallungen, depressiven Verstimmungen, Leistungstiefs, Trockenheit der Schleimhäute, Blasenproblemen und Blutdruckentgleisungen oder plötzlichen Herzrhythmusstörungen, so die Gynäkologin. Klimakterische Beschwerden seien wie ein Chamäleon und häufig nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen.

„Hier kann, nach Ausschluss vermeintlicher Grunderkrankungen, eine Hormonersatztherapie der Frau oftmals ein gesundes und aktives Leben zurückgeben“, betont die Gynäkologin: „Dies geschieht zum Beispiel mit Hormonen über die Haut (um den Leberstoffwechsel zu umgehen) oder als Tabletten – synthetisch oder bioidentisch aus Yamswurzel. So ist der Nutzen in Abwägung möglicher Risiken meist größer!“

Zwei Rädchen, an denen man bei egal welchen Wechseljahr-Symptomen selbst immer drehen könne, seien die Bewegung und die Ernährung, so die einstige Krankenschwester, die auf dem zweiten Bildungsweg ihr Medizinstudium angehängt hat und über die Anästhesie schließlich in der Frauenheilkunde gelandet ist. Sie habe hier ihr Zuhause gefunden, da Gynäkologen immer über den Tellerrand blicken müssten in andere Disziplinen, sie seien quasi die „Hausärzte für die Frau“, das habe sie interessiert, so Hueber. Daher schaue sie auch nicht nur auf klinische Werte, sondern auch auf das Drumherum … so beschreibt sie etwa das Östrogen, dessen Produktion in der Menopause nach und nach eingestellt wird, als das „Kümmerhormon“, das bei Frauen wesentlich stärker ausgeprägt sei als bei Männern.

Katharina Hueber: „Sie kümmern sich um die Kinder, den Mann, die Freunde, die Eltern und Schwiegereltern. Das ist von der Natur durch das Östrogen so gewollt!“ Mit dem Verschwinden des Östrogens jedoch, falle das „Kümmern“ zunehmend schwerer. Andererseits gäbe es um die Lebensmitte der Frau auch andere Einschnitte, etwas Krankheit oder Pflegebedürftigkeit der Eltern und Schwiegereltern, parallel dazu das Flüggewerden des Nachwuchses, der in der Regel das Haus verlässt. Treffe das zeitlich mit der Hormonumstellung im Körper der Frau zusammen, verwundere es nicht, dass Depressionen im Verbund mit dem Burnout-Syndrom verstärkt bei Frauen in der Lebensmitte auftreten.

Laut dem Statistikportal statista¹ habe sich die gestellte Diagnose „Burnout“ in den letzten zehn Jahren in Deutschland vervierfacht. Katharina Hueber erinnert sich an eine Geschäftsfrau, die immer sehr viel Wert auf ihr Äußeres gelegt habe, eines Tages dann mit Jogginghose und ungeschminkt in ihrer Praxis saß und meinte: „Ich schaffe das alles nicht mehr!“ An diesem Punkt reduzierten dann viele Frauen auch das „Kümmern“.

Warum die menschliche Frau neben dem Grind- und Schwertwal das einzige Säugetier ist, dass eine Menopause hat, darüber kann die Wissenschaft nur spekulieren. Ein allerdings umstrittener Erklärungsansatz ist die sogenannte „Großmutter-Hypothese“, die besagt, dass ältere, nicht mehr an der Fortpflanzung interessierte Frauen, einen positiven Effekt auf die Überlebensrate ihrer Enkel haben können (gilt komischerweise aber nur für Großmütter mütterlicherseits), indem sie der nächsten und übernächsten Generation mithelfend zur Verfügung stehen.²

Also doch wieder Kümmern, wenn die Menopause durch ist? Menno!

Quellen: ¹de.statista.com/themen/161/burnout-syndrom/, ² Großmutter-Hypothese: www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022519314001465

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