Satthals durch Jodmangel?

Professor Dr. Iyad Hassan über das Struma, besser bekannt als der Kropf

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Prof. Dr. Hassan verweist auf den hohen Jodgehalt in Nahrungsmitteln wie Thunfisch oder Sardinen in Öl, Schillerlocken oder Brathering. Foto: Klinikum Main-Spessart

„Jeder Dritte hat krankhafte Veränderungen an der Schilddrüse, von denen er bisher nichts wusste“, sagt Professor Iyad Hassan, Facharzt für Allgemein- und Viszeral-Chirurgie und Chefarzt am Main-Spessart Klinikum in Lohr. Frauen und Männer seien gleichermaßen betroffen.

„Bei mäßig ausgeprägtem Jodmangel ist die Schilddrüsenfunktion meist noch normal, also euthyreot“, so der 46-Jährige. Ein Jodmangel führe jedoch zu einer Vergrößerung der Schilddrüse, dem sogenannten Satthals, Kropf oder Struma. Und dieser sei nach Angaben des Arztes gar nicht so selten: „Trotz einer Verbesserung der Jodzufuhr in den letzten 20 Jahren, liegt ein Drittel der Bevölkerung unter der von der WHO geforderten Mindestmenge von 180 bis 200 Mikrogramm pro Tag.“

Die Folgen eines langanhaltenden Jod- und Schilddrüsenhormon-Mangels sind fatal. Der Fachmann aus Lohr nennt hierfür das Wachstumsalter etwa Wachstumsstörungen, Lern- und Merkschwierigkeiten, aber auch Entwicklungsstörungen. „Jodid ist ein sogenanntes Brain-Nutrient (Gehirnnahrung)“, sagt der Professor.

Das heißt, es spielt eine bedeutsame Rolle bei der Gehirnreifung und der Entwicklung der kognitiven Funktionen. Mangelt es der Schilddrüse über längere Zeit an Jod, vergrößert sie sich. Es entsteht der im Volksmund bekannte Kropf. Professor Hassan unterscheidet hier drei Stadien. Zunächst ist die Schilddrüse nicht sichtbar, aber tastbar.

In Stadium zwei ist sie bereits sichtbar und vergrößert. Im dritten Stadium spricht man von einer großen Schilddrüse mit „regionalen, mechanischen Komplikationen“. Die Diagnostik erfolgt über Anamnese und klinische Untersuchung.

Treten Atem- und Schluckbeschwerden auf? Sind die Abwehrkräfte reduziert? Werden ständiges Frieren, Müdigkeit, Leistungsschwäche und eine Reihe von Funktionsstörungen beobachtet? Ein TSH-Screening misst den empfindlichsten Laborwert einer Schilddrüsenfunktionsstörung.

Auch Ultraschall und Szintigraphie (nuklearmedizinische Untersuchung) verschaffen dem Arzt wichtige Einblicke. Eine Diagnostik per Feinnadelpunktion ist seines Erachtens kritisch zu sehen. Diagnostik erfolge unter anderem via Röntgen, CT, MRT oder Tumormarker.

Der Mediziner unterscheidet grundsätzlich vier Schilddrüsenerkrankungen. Hypothyreose (zu wenig Hormone), Euthyreote Struma (Kropf mit normaler Funktion), Hyperthyreose (zu viel Hormone) und Malignome (Krebs). Welche Symptome können bei einem Kropf auftreten?

„Ein Kropf verursacht häufig keine oder nur geringe Beschwerden. Es können jedoch an der entsprechenden Stelle am Hals Symptome wie Engegefühl, Atemnot, Schluckbeschwerden oder Heiserkeit auftreten“, sagt Professor Hassan.

„Besteht zusätzlich noch eine Schilddrüsenfunktionsstörung, so können noch die Beschwerden einer Unter- (Hypothyreose) oder einer Überfunktion (Hyperthyreose) hinzukommen.“ Erstere zeichne sich unter anderem durch Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme, trockene Augen und Haut sowie langsamen Puls aus.

Letztere könne zu Schlafstörungen, Nervosität, stark lichtempfindlichen, hervortretenden Augen, Haarausfall, schnellem Puls oder auch Gewichtsverlust führen.

„Abhängig von der Diagnose ergeben sich unterschiedliche Therapiemöglichkeiten“, sagt der Arzt, der zwischen medikamentösen und operativen Optionen sowie einer Radiojodtherapie, die auf eine Verkleinerung der Schilddrüse abzielt, unterscheidet. Und wann ist eine Operation nötig?

Professor Hassan nennt hier Strumagrößen mit Grad zwei bis drei. Weitere Faktoren für ein solches Vorgehen seien eine mechanische Beeinträchtigung, eine Einengung der Luftröhre, eine Einengung der Speiseröhre, Stauung der Halsvenen, ein Strumawachstum hinter dem Brustbein, eine Überfunktion (Hyperthyreose) oder eine Bösartigkeit (Karzinom).

Mögliche Komplikationen nach einer Schilddrüsenchirurgie seien ihm zufolge Stimmbandnervlähmung (1-3 %), Calciummangel (1-5 %), Blutung (1-4 %) oder Wundinfekt (1 %). Die Substitutionstherapie und Nachsorge bestehe, je nach Fall, unter anderem in der täglichen Einnahme von Schilddrüsenhormonen und weiterer Beobachtung.

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