Pumperlgsund

Foodcoach Bernhard Reiser über Bodenständiges und Immunstärkendes

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Es ist ein erfrischender Wesenszug des bayerischen Dialekts, Adjektive bildlich zu verstärken wie in „pumperlgsund“ im Gegensatz zu „sterbenskrank“. „Pumperl“ ist von „Pumpe, Herzen“ abgeleitet und kann medizinisch als „herzgesund“ ins Hochdeutsche übersetzt werden. Es kann aber auch Antoine de Saint-Exupérys Ausspruch: „Man sieht nur mit dem Herzen gut …“ mitgedacht werden. Denn rundum wohl fühlt man sich nur, wenn man im Einklang mit Körper und Seele handelt.

Bernhard Reiser ©Susanna Khoury

Das sieht auch Foodcoach Bernhard Reiser so, der mit seinem „Farm-to-Table-Konzept“ bodenständige Regionalität, aber auch gesunde Frische und damit Geschmack und Genuss favorisiert. Immer dabei Nachhaltigkeit im Sinne seines ökologischen Fußabdrucks (keine langen Transportwege, keine Pestizide, geringe CO2-Bilanz) sowie Ethik bezüglich des Tötens und Verarbeitens von Tieren im Blick. „Zunächst war es nur eine ‚Arbeitsbeschaffungsmaßnahme‘ für meine 12 Lehrlinge, die während des Lockdowns im Frühjahr dieses Jahres sinnvoll beschäftigen werden wollten“, erzählt Bernhard Reiser von den Anfängen seines „hauseigenen“ Gartens.

„Silias Oma hat meiner Frau ein Grundstück an der Saale vererbt, das schon einmal nach dem zweiten Weltkrieg eine Familie durchbringen musste, also krisenerprobt war.“ Hier wurde im April dann gehackt, gesät, gepflanzt, also im wahrsten Sinne des Wortes der Boden bereitet für regionale, saisonale Lebensmittel, die, als mit den Lockerungen auch Gastronomie wiedereröffnen durfte, reif waren und nach der Ernte gleich in der Reiserschen Küche verarbeitet werden konnten. „Farm-to-Table“ (vom Acker auf den Tisch) heißt dieses bodenständige Konzept, das den Lehrlingen für ihre Menüs Erdbeeren, Tomaten, Bohnen, Kartoffeln, Radieschen, Artischo- cken und Karotten bescherte und den Sternekoch zum Nachdenken brachte, inwieweit im Falle einer erneuten Krise, er zum Selbstversorger werden könne …?

Die Rückbesinnung auf Ursprünglichkeit erlebten viele Menschen jetzt in der Corona-Krise. Hefe war plötzlich ausverkauft, weil in allen Haushalten Brot
wieder selbst gebacken wurde. „Bei eigener Zubereitung weiß man einfach, was drin ist, und bei eigenem Anbau/Aufzucht, zudem noch woher die ,Mittel zum Leben, stammen und wie sie (auf)gewachsen sind“, betont der 54-Jährige. Um seinen Lehrlingen neben dem Bau von Buschbohnen- und Tomaten-Anlagen eine weitere Herausforderung zu bieten, schaffte der immer auf dem Boden gebliebene Sternekoch Hühner an, die sogleich Junge bekamen, die nach 40 Tagen im Kochtopf landen sollten. „Selbst Hand anlegen beim Schlachten, auch das gehört bei einer Kochlehre dazu“, erklärt Reiser seine Aktion, an der sich allerdings nur zwei der 12 Lehrlinge beteiligten.

Wer Fleisch essen wolle, so der Koch, müsse auch akzeptieren, dass Tiere dafür sterben müssten. Das gehöre dazu, das sei der Kreislauf. Mit einer Einschränkung: „Das Töten der Tiere darf nicht mit Leid verbunden sein. Daher kommt für unsere Rinder, die im Landkreis Würzburg aufwachsen, nur die klassische Weideschlachtung in Frage.“ Bei Wild sei das sowieso gang und gäbe, dass es mit Blattschuss getötet werde. „Das ist für mich eine ‚humane‘ Art, Tiere zu erlegen.“ Auch hier hält der Verbraucher mit seinen Essgewohnheiten die Waffe in der Hand, auch wenn er nicht selbst abdrückt.

Apropos „Waffen“ – die Natur bietet zu jeder Jahreszeit beste Schutzschilder für unser Immunsystem. Allen voran das heimische „Superfood“ Brennnessel. Das könne laut Reiser als Gemüse gekocht werden, blanchiert aufs Butterbrot oder als Tee zu sich genommen werden. „Auch Rote Beete ist etwa in Kombination mit Apfel, Himbeere oder Karotte ein wahrer Immun- Booster“, so der Ernährungsexperte. Kohl in jeder Form und Facette, gerne auch fermentiert, ein weiterer Klassiker, der in Sachen Gesundheit auf allen Ebenen punktet. Beim Fermentieren, dem Gären unter Ausschluss von Luft, entstehen Milchsäurebakterien, die für eine gesunde Darmflora unabdingbar sind. Und da man im Darm den Sitz des Immunsystems verortet, schließt sich hier der Kreis wieder: Auch Fermentiertes ist pumperlgsund!

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