Pro-Aging

Geriater Dr. Michael Schwab plädiert für ein positiveres Altersbild in der Gesellschaft

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„Geriatrie ist die erste Supra-Spezialisierung, will heißen Altersmedizin ist das Dach, unter dem sich viele Fakultäten tummeln, um ein gemeinsames Ziel, die Gesunderhaltung des alten Menschen, zu erreichen“. Die Frage sei nicht, wem gehörte der Patient, sondern wer könnte momentan dem Patienten am besten helfen... – zumal der Patient sich immer selbst gehört! Foto: Susanna Khoury

„Geriatrie ist die erste Supra-Spezialisierung, will heißen Altersmedizin ist das Dach, unter dem sich viele Fakultäten tummeln, um ein gemeinsames Ziel, die Gesunderhaltung des alten Menschen, zu erreichen“. Die Frage sei nicht, wem gehörte der Patient, sondern wer könnte momentan dem Patienten am besten helfen… – zumal der Patient sich immer selbst gehört! Foto: Susanna Khoury

„And in the end, it‘s not the years in your life that count. It‘s the life in your years“ („Und am Ende sind es nicht die Jahre in deinem Leben, die zählen. Es ist das Leben in deinen Jahren, das zählt.“), meinte Abraham Lincoln, früherer Präsident der Vereinigten Staaten (1861-1865).

Und Dr. Michael Schwab, Chefarzt des Geriatrie-Zentrums im Bürgerspital, sieht das ähnlich: „Was ist Ihr persönliches Ziel?“ fragt er beim Erstgespräch seine Patienten. Bei der Altersmedizin gehe es nicht darum, so Dr. Schwab, einzelne Krankheiten zu behandeln, sondern den alten Menschen mit seinen Wünschen und Zielen in den Mittelpunkt zu stellen.

„Altersmedizin fokussiert das Syndrom, das sich beispielsweise aus Osteoporose, Arthrose, Polyneuropathie und Herzinsuffizienz zusammensetzt – in diesem Fall das Immobilitätssyndrom“. Die Aufgabe des Geriaters sei es, den alten Menschen so zu ertüchtigen, dass er wieder alleine dahin gehen kann, wohin er gehen möchte.

Mobilität sei das meist genannte Ziel seiner Patienten. Die damit verbundene Autonomie sei der Schlüssel zu Lebenslust, der Motor allen Lebens. Eine 80-jährige Dame in der Reha sagte neulich zu ihm, sie müsse ihre Finger wieder besser bewegen können, damit sie ihr I-Pad bedienen kann…

„Alter ist keine Krankheit“, betont Dr. Schwab, es erhöht die Wahrscheinlichkeit von Krankheiten“. Nicht jeder alte Mensch brauche einen Arzt! Zudem sei es sowieso die Aufgabe eines jeden Mediziners, sich so überflüssig wie möglich zu machen. Es gehe vornehmlich um die Mehrung von Gesundheit.

„Gesundheit ist ein Schatz“, in den man bereits in frühen Jahren investieren sollte. Daher hat das Bürgerspital auch das Angebot der „GesundheitsAkademie 50plus“.

Wenn man nicht ab der Lebensmitte beginne, sich um seine Gesunderhaltung zu bemühen, sei das schon der erste Fehler, erzählt Schwab auch seinen angehenden Medizinern in der Vorlesung über Altersmedizin an der Universität Würzburg.

„Die moderne Medizin kann einen Schlaganfall bei einem 90-Jahrigen heilen, das ist spektakulär!“ Aber sie dürfe nicht zum reinen Reparaturbetrieb avancieren. Vor allem alte Menschen verdienen einen anderen Blick, einen ganzheitlichen. Krankheiten im Alter seien immer das Resultat einer langen Lebensbiografie und ein Wechselspiel zwischen dem Individuum und der Krankheit.

„One fits all“ könne hier nicht gelten. Deshalb spreche man auch vom Arzt als „Heilkünstler“, nicht als „Heiltechniker“ oder „Heilökonom“. Die oberste Priorität des Geriaters und des Arztes im allgemeinen, müsse immer ethisch-moralisches Handeln sein – mit Respekt vor dem Alter und Respekt vor dem Leben.

Ein altes Sprichwort aus Japan sagt: „Eine Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit ihren Alten umgeht“. Eine reiche Gesellschaft ist demzufolge eine, die es sich leisten kann, Menschen nicht an ihrem Beitrag zum Bruttosozialprodukt zu messen.

Kein positives Altersbild kreieren auch zahllose „Anti-Aging-Produkte“, da sie vorgaukeln, man müsse dem Alter entgegenwirken, könne es sogar aufhalten, so Michael Schwab. Das degradiere auch den Stellenwert der „Geriatrie“.

Für eine gute Altersmedizin sei ein positives Altersbild unerlässlich! „Pro-Aging“ ist hier die Devise. Es gäbe 90-Jährige, die jünger im Kopf und Herzen sind als 40-Jährige, erzählt der Altersmediziner aus seiner täglichen Praxis.

Allerdings habe das Alter auch seine Grenzen: Beispielsweise riet er neulich einer 80-jährigen Patientin, nicht mehr auf eine sieben Meter hohe Leiter zu steigen, um Efeu von der Hauswand zu entfernen, nur weil sie das schon immer getan hat.

Das häufigste Gefährdungs-Szenario im Alter sei der Sturz. Den gelte es zu vermeiden. Rund fünf Millionen Stürze von über 65-Jährigen gäbe es jährlich in Deutschland, zitiert der Internist Dr. Schwab die Statistik.

Daher habe das Geriatrie-Zentrum im Bürgerspital zusammen mit der Uni Würzburg eine kostenlose Servicestelle „Sturzprävention“ eingerichtet. Ab dem 3. Lebensalter (60 bis 80 Jahre) sollten Achtsamkeit und Aufmerksamkeit stete Lebensbegleiter sein.

Noch ist die Altersmedizin mit rund zehn Jahren „Betriebszeit“ eine junge Disziplin, die vornehmlich als Reha-Maßnahme praktiziert wird. In drei bis vier Jahren, hofft Dr. Schwab, gibt es diese auch auf Krankenschein!

Info:
Die „GesundheitsAkademie 50plus“ des Bürgerspitals in Würzburg setzt auch auf Yoga und Tai-Chi. Yoga für die Elastizität der Gelenke und Tai-Chi zur Sturzprävention. Darüber hinaus kann auch Tanzen unter geschulter Anleitung der Gesundheit nutzen und in der Gruppe (kein Paartanz) Spass und Freude machen. Das aktuelle Programm ist am Empfang des Geriatriezentrum in der Semmelstr. 2-4 kostenlos erhältlich oder im Internet unter www.buergerspital.de/Geriaitriezentrum/Leistungen zu finden.

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