Pille einwerfen und gut?

Apotheker Michael Dickmeis über Einnahmefehler bei Arzneimitteln

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Oral einzunehmende Arzneimittel gelten als praktisch. Es braucht meist nur etwas Flüssigkeit. Doch schon hier lauern Gefahren. Denn Einnahmefehler bedeuten oft nicht nur eine ineffektive und damit unnötig kostenintensive Anwendung, sondern haben gegebenenfalls unerwünschte Folgen. Medikamente können unter Umständen stärker beziehungsweise schwächer, langsamer oder schneller als gewünscht wirken oder gar keine Wirkung zeigen sowie zusätzlich eingenommene Arzneimittel verstärken oder abschwächen. Apotheker Michael Dickmeis, Inhaber der Sonnenapotheke in Würzburg, rät: „Medikamente sollten mit einem Glas Wasser eingenommen werden.“ Problematisch sei Schwarzer Tee. Die enthaltenen Gerbstoffe könnten die Wirkung von Arzneimitteln vermindern. Tabletten mit dem Frühstückskaffee zu nehmen, sei für Michael Dickmeis (noch) in Ordnung. „Bei anderen Lebensmitteln, abgesehen von Milch oder Grapefruitsaft, ist es ebenfalls nicht so dramatisch.“ Zu, vor oder nach den Mahlzeiten – das sollten Patient:innen ernst nehmen.

„Beim Essen beginnt der Verdauungstrakt zu arbeiten“, erklärt der Experte. „Die Überlegung: Ist es besser, das Medikament mit dem Verdauungsbrei durch den Magen-Darm-Trakt zu schieben oder nicht.“ Säureneutralisierende Mittel gegen Sodbrennen und Magensäure sollten erst eine Stunde nach dem Essen eingenommen werden, damit die Säureproduktion nach der Verdauung „heruntergefahren“ werde. „Vorher führt die Einnahme dazu, dass die Mahlzeit schlecht verdaut wird.“ Anders sei es mit Arzneien gegen funktionelle Magen-Darm-Beschwerden. Zuvor eingenommen, wirken sie verdauungsanregend. Ähnlich sehe es beim Thema morgens, mittags, abends aus. „Es gibt Arzneimittel, bei denen es nicht auf die Tageszeit ankommt.“ Bei anderen, wie Parkinson- oder Gürtelrose-Medikamenten, schon. Mittel mit B-Vitaminen zum Beispiel würden Energie und Anschub geben. Diese sollten morgens eingenommen werden. Anders sehe das bei Beta-Blockern gegen zu hohen Blutdruck aus. „Sie greifen nur, wenn das sympathische Nervensystem aktiviert wird. Also tagsüber.“

Nachts sei hingegen unsere körpereigene Cholesterin-Produktion sehr aktiv. Deshalb sollten Mittel gegen zu hohes Cholesterin am Abend eingenommen werden. Auch bei Magnesium sei das so. Es wirke eher entspannend. Und wie steht es mit Wechselwirkungen, wenn mehrere Medikamente über den Tag genommen werden müssen? Klassiker seien Magnesium- und Eisentabletten. „Gleichzeitig eingenommen, würden sie sich gegenseitig abfangen und so die Wirkung mindern. Hier gilt: eine morgens, die andere mittags oder abends, um den physischen Kontakt zu vermeiden.“ Andere Medikamente würden um den gleichen Transporter oder denselben Abbaumechanismus „konkurrieren“. Auch die Kombination von unterschiedlichen Arzneimitteln, die den gleichen Wirkmechanismus haben, sollte vermieden werden. Als Beispiel nennt Dickmeis Nasenspray und Kombi-Präparate gegen Erkältungssymptome. Beide lassen die Schleimhaut abschwellen und stoppen die Blutzufuhr zu dieser. „Hier gilt: Entweder, oder.“ Beliebt ist auch das Teilen von Tabletten. „Wenn diese eine Teilkerbe haben oder das via Symbol auf der Packung vermerkt ist, dann ist eine Teilung erlaubt. Andernfalls bitte immer nachfragen, da es durchaus Medikamente – etwa gegen Magensäure – gibt, die dann unwirksam werden.“

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