Phagen als Antibiotika-Ersatz?

Neueste Erkenntnisse aus der Welt der Microbiologie

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Multiresistente Erreger stellen große Herausforderungen an das Fachgebiet der Mikrobiologie und die Zusammenarbeit von naturwissenschaftlichen und medizinischen Mikrobiologen, so Prof. Dr. Frosch. Foto: Conventus

Aktuelle Forschungen und Erkenntnisse aus der Welt der Mikrobiologie wurden vom 5. bis 8. März von rund 1600 nationalen und internationalen Mikrobiologen auf der 5. Gemeinsamen Jahrestagung der „Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) e. V.“ und der „Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) e. V.“ im CCW Würzburg fachübergreifend diskutiert.

Wie können wir uns vor mikrobiellen Krankheitserregern schützen? Für welche Bereiche können wir uns die außerordentlichen Fähigkeiten von Mikroorganismen zu Nutze machen? Einblicke in die vielfältigen Themen und aktuellen Schwerpunkte gaben die Kongresspräsidenten Prof. Dr. Matthias Frosch (Institut für Hygiene und Mikrobiologie), Prof. Dr. Thomas Rudel (Lehrstuhl für Mikrobiologie) und Prof. Dr. Jörg Vogel, (Institut für Molekulare Infektionsbiologie) von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Mehrere Veranstaltungen zielten auf das hochaktuelle Thema der sich ausbreitenden Antibiotika-Resistenzen ab und der damit verbundenen Erforschung von Bakterienviren, sogenannte Phagen. Lange bevor es Penicillin (Antibiotika) gab, entdeckte Felix d´Hérelle (Mikrobiologe 1873-1949), dass Phagen gegen bakterielle Infektionen einsetzbar sind.

Mit der Einführung der Antibiotika gerieten die „kleinen Helfer“ ins Hintertreffen, da sie sich als zu wenig stabil im Körper erwiesen (werden nach kurzer Zeit von den Fresszellen im Körper beseitig).

Während für den Westen Phagen so gut wie kein Thema mehr waren, gründete ein Georgier 1923 das Eliava-Institut für Phagenforschung in Tiflis, wohin heute auch deutsche Patienten pilgern, um eine Phagentherapie zu bekommen. Die Phagentherapie ist bislang in Deutschland nicht zugelassen.

Aktuelle Forschungen setzen nun wieder ihre Hoffnung auf die Virengruppen, die unter anderem auf Bakterien als Wirtszellen spezialisiert sind. Die Phagen-Therapie könnte bei Erfolg in Zukunft als Antibiotika-Ersatz den Resistenzen Einhalt gebieten, so der Plan. Kongresspräsident Prof. Dr. Vogel, der kürzlich den mit 2,5 Millionen Euro dotierten Leibniz-Preis bekam, will einen Teil des Preisgeldes in die Phagenforschung investieren, um das Thema voranzutreiben und den Nachwuchs wieder für diese spannende Materie zu begeistern.

„Phagen sind als Alternative zu Antibiotika insofern interessant, da sie Bakterien spezifischer angreifen, im Gegensatz zum Penicillin“, so Vogel. Dadurch sei die Gefahr der Bildung von Resistenzen auch geringer als beim Breitband-Antibiotikum.

Bakteriophagen sind in Deutschland fast in Vergessenheit geraten. Im Kontext der neuesten Erkenntnisse der Mikrobiomforschung spielen sie wieder ganz oben in der Liga mit. 2016 fand in Paris erstmals ein Weltkongress für Phagentherapie statt.

Prof. Dr. Frosch, ebenfalls Kongresspräsident, mahnte an, dass der Schnelltest zur Identifizierung von (multi-)resistenten Infektionserregern nicht vergütet wird, dies aber wiederum ein wichtiger Baustein der neuen Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2020) der Bundesregierung sei.

„Molekulare Schnellteste sind vermehrt im Fokus von entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowohl in der Industrie als auch der universitären Forschung. Zum Beispiel werden seit vielen Jahren molekulare Schnelltests erfolgreich zum Nachweis einer MRSA-Besiedlung bei Patienten in der Klinik eingesetzt. Allerdings sieht die gesetzliche Krankenversicherung für die Anwendung von Testsystemen zur Schnelldiagnostik keine gesonderte Vergütung vor. Hier besteht aktuell noch Handlungsbedarf von Seiten der Politik, Krankenkassen und Berufsverbänden“, so Prof. Matthias Frosch.

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