Dem menschlichen Körper nachempfundene künstliche Gewebe aus dem Drucker, Knochen aus dem Reagenzglas: Wissenschaftler forschen auf Hochtouren in der Hoffnung, die Zukunft der Medizin zu revolutionieren – auch in Würzburg.
Und die Julius-Maximilians-Universität bietet in Kooperation mit Universitäten in Australien und den Niederlanden seit 2014 als erste Universität überhaupt den internationalen Master-Studiengang „Biofabrikation“ an.
Nur wenige Schritte entfernt wird am Lehrstuhl „Tissue Engineering und Regenerative Medizin“ nicht gedruckt, sondern im Reagenzglas geforscht und gezüchtet. Ein Ziel: Neue Therapien, die auf den körpereigenen, Materialien, Mechanismen und Heilungsprozessen basieren.
Erste Verfahren des „Tissue Engineering“ – zu Deutsch: Gewebekonstruktion oder auch Gewebezüchtung – sind laut Prof. Dr. Maximilian Rudert, Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus und Ordinarius für Orthopädie der Universität Würzburg, seit 1994 im Einsatz.
„Als es damit losging, dachte man, in zehn Jahren seien keine künstlichen Gelenke mehr nötig. 2016 brauchen wir sie immer noch“, sagt er. Zwar lasse sich im Labor Knorpelmasse züchten, dessen Belastungsresistenz sei aber nach wie vor weniger perfekt als bei menschlichem Knorpel.
Ruderts Hoffnung: In zehn Jahren könnte ein natürlicher Gelenkersatz Realität sein. Und hier kommen auch die Forschungen unter Federführung von Prof. Heike Walles, Lehrstuhlinhaberin „Tissue Engineering und Regenerative Medizin“, ins Spiel.
Unter anderem koordinierte sie das groß angelegte EU-Projekt „VascuBone“. Forscher aus verschiedenen Ländern hatten eine Art „Baukasten für die Knochenregeneration“ entwickelt. Zielsetzung: Verbesserte Knochenimplantate, um das Risiko einer Abstoßung zu verringern, körpereigene Regenerationskräfte zu unterstützen und neues Knochenwachstum anzuregen.
Prof. Walles und ihr Lehrstuhl züchteten im Zuge des Projekts Knochen im Reagenzglas, weil körpereigenes Gewebe nur in begrenztem Maß entnommen werden kann. Einen anderen Weg geht der Australier Paul Dalton.
Angesiedelt ist er am Würzburger Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe in der Medizin und Zahnheilkunde. Mit einer komplexen Technik namens „Elektrospinning Writting“ (MEW) erzeugt er aus anorganischen Polymeren Gewebe auf Basis von nur wenigen Nano- bis Mikrometer großen Strukturen.
Weltweit gibt es derzeit zwölf 3D-Drucker, die dazu in der Lage sind – vier stehen in Würzburg. Im Tissue Engineering bilden die gedruckten Gitternetze das Grundgerüst für körpereigene Zellen, die dann neues Gewebe bilden.
Sehr vereinfacht gesagt entstehen im Labor des Professors Strukturen, die menschlichem Gewebe – Knochen, Muskeln, Nerven oder Haut – nachempfunden sind. Noch ist dies Zukunftsmusik: Doch Wissenschaftler hoffen, dass mit 3D-Technik in einigen Jahren komplette Organe produziert werden können.
Master-Studiengang Biofabrikation:
www.chemie.uni-wuerzburg.de