Menschenlesen

Business-Coachin und Burnout-Beraterin Ute Herzog aus Nürnberg gibt Handlungsempfehlungen für ein gesundes Miteinander

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In ihrem Buch „Schwierig sind immer die Anderen“ zitiert Business-Coachin und Burnout-Beraterin Ute Herzog den Dalai Lama: „Lass das Verhalten anderer nicht deinen inneren Frieden stören“ – und damit trifft sie bei vielen Menschen einen wunden Punkt. Denn oftmals ist genau das das Problem … Missverständnisse und Konfrontationen im Job oder zuhause führen dazu, dass man sich nicht mehr wohl in seiner Haut fühlt. Dauert dieser Zustand Monate oder sogar Jahre an, kann er krank machen. Als „Menschenleserin“ hat die 50-Jährige Handlungsideen entwickelt, wie man gesünder durchs Leben kommt. Denn ein entspannter, wertschätzender Umgang mit seinen Mitmenschen senkt das Stresslevel, stärkt die Resilienz und trägt so zu Wohlbefinden und Gesundheitserhaltung bei.

So weit, so gut! Doch da gibt es diese eine Person, die muss nur Piep sagen, und schon ist man auf dem Baum. Wie schafft man es, dass Trigger, die von manchen Menschen ausgehen, einen kalt lassen? „Die Erkenntnis, dass nicht alles um mich herum zwingend mit mir zu tun hat, erleichtert in dieser Situation ungemein“, sagt Herzog. Mein Gegenüber wolle mir meist nichts Böses, er oder sie habe lediglich eine andere Art zu denken, zu kommunizieren und zu handeln. Die sogenannte Biostrukturanalyse, das Wissen um die „Software“ im Gehirn, welche individuelles Verhalten steuert, sei hier ein Schlüssel, so die lizenzierte Trainerin Structogram und Triogram. Das Zusammenspiel von Stammhirn, Zwischenhirn und Großhirn mache die Einzigartigkeit einer Person aus und lege den Grundstein für individuelles Verhalten.

Ob jemand „Macher“ (Dominanz Zwischenhirn), „Planer“ (Dominanz Großhirn) oder „Gemütlicher“ (Dominanz Stammhirn) sei, bestimme individuelle Verhaltensweisen. Das Stammhirn, zuständig für elementare Grundbedürfnisse, das Zwischenhirn, das mit den Emotionen korreliert, und das Großhirn, das Plattform für Pläne, Sorgen, Lern-, Denk-, Sprechfähigkeit sowie das Bewusstsein ist. Jede Person sei in der Regel eine „Mischkalkulation“, habe trotz Dominanz einer Region immer auch Anteile der anderen Persönlichkeitsstrukturen, betont Herzog. „Zu erkennen, zu welchem ̦Typ̒ jemand tendiert, hilft Aussagen des Gegenübers nicht persönlich zu nehmen, sich Ärger und Streit zu ersparen, und das innere Gleichgewicht zu bewahren!“

Menschenlesen habe aber auch mit Physiognomik zu tun. „Vor allem das Gesicht als ‚kleinste Bühne der Welt‘ gibt viel über Charakter und Persönlichkeit preis“, so die Business-Coachin aus Franken. Face-Reading heißt die Methode, die das Gegenüber transparenter macht. Das Wissen, um Forschergeist (Nase), Emotionalität (linkes Auge, Kinn) oder Redebedürfnis (Mund), welches sich hier ablesen lasse, führe richtig „gelesen“ insgesamt zu einem besseren Miteinander, so die Expertin. „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“, wusste schon Aristoteles und so bezieht Herzog ins Menschenlesen noch viel mehr ein: „Was wir bewusst mit dem Verstand wahrnehmen, etwa das gesprochene Wort, ist nur ein kleiner Teil der Gesamtwirkung, die das Gegenüber auf uns hat. Wir erkennen in Gestik, Mimik, Auftreten, Aussehen oder Stimme Bekanntes wieder – und leiten daraus unsere (Vor)-Urteile über einen anderen Menschen ab. Das ist klassisches Schubladendenken – von wenigen Eigenschaften aufs Ganze zu schließen“, erläutert die Fachfrau.

Die größte Rolle in der Kommunikation spiele tatsächlich die Körpersprache, die meist unbewusst eingesetzt und doch wahrgenommen werde. Hier helfe das Menschenlesen, also aus Gesicht, Mimik und Gestik und typischem Verhalten mehr herauszulesen, als wir das üblicherweise tun. Immer mit dem Ziel als verschiedenartige Wesen erfolgreich zusammenzuarbeiten und harmonisch zusammenzuleben. Apropos Zusammenarbeit … können Chefs zu einem gesunden Arbeitsklima beitragen, indem sie das Menschenlesen miteinbeziehen? Oder anders gefragt: Ist es sinnvoll, dass ein Arbeitsteam aus den gleichen Typen von Menschen besteht, damit alles „reibungloser“ abläuft? Oder kann es nicht sogar zuträglicher sein, dass das Team aus gegenläufigen Typen besteht? „Eine schwierige Frage. ‚Gleich und gleich gesellt sich gern.‘ Oder ‚Gegensätze ziehen sich an.‘ Welcher der beiden Sätze stimmt? Je ähnlicher sich Menschen in ihrer Persönlichkeit sind, umso eher entstehen spontan Sympathie und Zusammenhalt.

Zu viel Harmonie kann jedoch auch ganz schön langweilig und bremsend sein. Innovationen sind da eher nicht zu erwarten“, so die Beraterin. Bei unterschiedlichen Persönlichkeiten seien Reibungen vorprogrammiert. Je andersartiger, umso eher entstünden Konflikte. Mehr Reibung könne aber auch mehr Energie, mehr Kreativität oder mehr Dynamik bedeuten. „Zumindest in einem beruflichen Team würde ich das immer bevorzugen.“ Und privat? „Eine Mentorin hat mir einmal gesagt: ‚Stell dir immer die Frage, ob du zu Hause Zündstoff oder Klebstoff brauchst.‘ Zündstoff für Inspiration, gegenseitiges Anfeuern, vielleicht den ein oder anderer Anstupser und jede Menge Action – oder lieber ein kuscheliges, gemütliches Nest, um sich von der Außenwelt auch mal zurückzuziehen.“ Oder um mit den Worten der Schweizer Autorin und Mutter von sechs Kindern Andrea Mira Meneghin zu schließen: „Es geht immer auch anders – anders geht es gar nicht!“

Darüber hinaus bietet Ute Herzog auch einen Online-Kurs „Wege aus der Stressfalle“ an, der über die Krankenkasse abgerechnet werden kann,
www.uteherzog.de

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