Mehr als sauber und satt!

Eva von Vietinghoff-Scheel und Prof. Dr. Alexander Schraml über Forderungen und Förderung der Pflege

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Ja, Pflegekräfte im Altenheim etwa kümmern sich darum, dass die ihnen anvertrauten Menschen gewaschen sind und regelmäßig gegessen haben, wenn der Tag zu Ende ist. Darauf beschränkt sich aber keinesfalls ihre Tätigkeit: Sie richten Tabletten, motivieren ihre „Schützlinge“, diese zu nehmen, messen Blutdruck und überwachen Zuckerwerte, wechseln Stoma-Beutel, trocknen Tränen, muntern auf, sind Ansprechpartner:innen für Angehörige, Bindeglied zwischen Ärzt:innen und allen anderen, dokumentieren ihre Arbeit, managen Notfälle und retten dadurch nicht selten Leben! Und die Liste ließe sich noch fortschreiben … Der Beruf der Pflegekraft beinhaltet so viel mehr, als sauber und satt zu machen! Die „Pflege“ war es, die den Betrieb in Altenheimen und Krankenhäusern während der Corona-Pandemie am Laufen hielt. Dafür gab es Applaus und einen Bonus. Das war’s?

Es gehe nicht nur um die Entlohnung, erklären Eva von Vietinghoff-Scheel und Prof. Dr. Alexander Schraml, Vorstände des Kommunalunternehmens des Landkreises (KU), das unter anderem für acht Pflegeheime und die Main-Klinik Ochsenfurt verantwortlich zeichnet. „Es mangelt an Wertschätzung und an Vertrauen der Leistung gegenüber, die Pflegekräfte tagtäglich erbringen“, sagt Eva von Vietinghoff-Scheel und führt zum Beispiel die anlasslosen Kontrollen von Heimaufsicht und Medizinischem Dienst der Krankenversicherung (MD) ins Feld, „die Misstrauen schüren und zudem tagelang die besten Fachkräfte zeitlich binden und so aus dem Tagesgeschäft nehmen.“ Auch die überbordende Dokumentationspflicht, die mindestens zwei Stunden wertvolle Zeit an Patient:innen pro Tag wegnehmen würde, so Prof. Dr. Alexander Schraml, werde nicht eingedampft. Das Aussetzen von Prüfungen während der Pandemie sei wiederbelebt worden, während sich an der Arbeitsbelastung und am Personalmangel in der Pflege nichts geändert habe, so Schraml.

Und dennoch starteten im Sommer wieder weit über 100 frisch gebackene Pflegefachkräfte der Würzburger Berufsfachschulen nach erfolgreich absolvierter Ausbildung in die Pflege. „Es gibt gute Gründe dafür“, weiß Prof. Schraml, der bei seiner eigenen Arbeit dieses sinnstiftende Moment, die Dankbarkeit und leuchtenden Augen als Feedback oft nicht unmittelbar erfahre, die Pflegekräfte jedoch jeden Tag erleben dürfen. Das sei zutiefst befriedigend und motiviere junge Menschen trotz suboptimaler Bedingungen in der Pflege, sich für diesen sinnvollen Dienst am Menschen zu entscheiden. Diesem Faktum trägt das KU nun mit einer neuen Pflegeschule an der Main-Klinik in Ochsenfurt Rechnung. Diese soll 2023 fertiggestellt sein, die ersten 20 Schüler:innen sind bereits im September (noch in den alten Räumlichkeiten der Berufsschule) in die neue generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann gestartet. Schulleiter Michael Wink, vormals in Hagen als Schulleiter tätig, setzt auf viel Praxis, erprobtes Handwerk, aber auch auf digitale Medien und neue Technologien. Etwa auf Pflegepuppe „Anne“, die nicht nur Puls hat, sondern auch mit unterschiedlichen Atemgeräuschen oder anderen Vitalzeichen ausgestattet werden kann. „So können die angehenden Pflegekräfte unmittelbar die Praxis üben, ohne Patientenwohl zu gefährden“, betont Juristin Eva von Vietinghoff-Scheel.

Aber nicht nur der Pflegenachwuchs sei wichtig, so Prof. Schraml, auch die Förderung altgedienter Fachkräfte in Form von Weiterbildungen für Führungskräfte stünde auf der Agenda des KU. Denn wie heißt es so schön: Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein … wobei man diesen Vorwurf Pflegekräften wirklich nicht machen kann. Sie sind nach wie vor der Fels in der Brandung, was mehr als Applaus verdient!

Das Interview mit Eva von Vietinghoff-Scheel und Prof. Dr. Alexander Schraml, beide Vorstand des Kommunalunternehmens des Landkreises, führte Lebenslinie-Chefredakteurin Susanna Khoury.

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