Rund 70.000 Frauen erkranken jährlich in Deutschland an Brustkrebs. Damit ist diese Krebsart bei Frauen die häufigste, gefolgt von Darm- und Lungenkrebs.
„Jede achte Frau bekommt derzeit die Diagnose
‚Brustkrebs‘ in Deutschland“, fasst der Oberarzt des Brustzentrums Main-Tauber, Dr. Christoph Großmann, den Status Quo zusammen.
Die Statistik zeige aber auch, dass 80 Prozent der an Brustkrebs erkrankten Frauen als langzeitgesund (sprich fünf Jahre und länger ohne Rezidiv) aus der Behandlung herausgehen, so der Oberarzt der Gynäkologie an der Missionsärztlichen Klinik (Missio).
Verantwortlich für die guten Heilungschancen sind nicht zuletzt aufgeklärte Patientinnen, die achtsam sind und Veränderungen an ihrer Brust wahrnehmen und abklären lassen.
„Man sollte einmal im Monat selbst seine Brust abtasten und regelmäßig die angebotenen Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen“, rät Dr. Großmann. Denn je früher man den Brustkrebs diagnostiziert, desto besser sind die Aussichten, wieder gesund zu werden.
Vorsorge ist das A und O
Auch die oft diskutierte Mammographie sei besser als ihr Ruf, so der Gynäkologe. „Es ist ein automatisiertes Verfahren, im Gegensatz zur Ultraschalluntersuchung, und man sieht beispielsweise verdächtigen Mikrokalk, der auf eine Brustkrebsvorstufe hinweisen kann“, befürwortet der Oberarzt das Verfahren.
Auch wenn durch das Screening in absoluten Zahlen die Sterblichkeitsrate bei Brustkrebs nur um 0,1 Prozent gesenkt wird, sei die Mammographie ein durchaus sinnvolles Verfahren. Aber auch hier gilt es, je nach Patient, zu entscheiden. Man dürfe weder Brustkrebs-Vorsorge noch -Behandlung nach dem Gießkannenprinzip verteilen. Es sei häufig eine individuelle Entscheidung!
Vorsorge ist also ein Faktor, dem Brustkrebs vorzubeugen oder schnell Einhalt zu gebieten.
Weitere beeinflussbare Parameter sind laut einer Studie aus den USA ausgewogene Ernährung (Risikofaktor Adipositas) und regelmäßige Bewegung (mindestens 5 x 30 Minuten in der Woche) vor allem nach den
Wechseljahren, die das Brustkrebsrisiko um rund 40 Prozent reduzieren, so der Wissenschaftler Paul T. Williams vom kalifornischen Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien.
Ursache Hormone
Eine andere amerikanische Studie, die so genannte „Women‘s Health Initiative“, hat ergeben, dass Frauen, die in oder nach den Wechseljahren Östrogene und Gestagene einnahmen, ein höheres Brustkrebs- und Herz-Kreislauf-Risiko hatten als Frauen ohne Hormonersatztherapie.
Das erhöhte Risiko bestehe jedoch vor allem für die Dauer der Einnahme, so Großmann. Nach Absetzen
der Therapie sinke das Risiko in wenigen Jahren wieder auf das Ausgangsrisiko.
Und auch hier gilt: „Wenn die Lebensqualität der Frau durch die Wechseljahre-Beschwerden massiv beeinflusst ist, muss im Einzelfall eine Nutzen-Risiko-Abwägung getroffen werden“. Brustkrebs hat sehr häufig ursächlich mit dem Hormonhaushalt zu tun, der nur bedingt beeinflussbar ist.
Beispielsweise erhöhe eine frühe erste Regelblutung und eine sehr späte letzte Blutung das Risiko,
betroffen zu sein, hingegen viele Geburten und Stillen wirkten dem Brustkrebs entgegen, so Christoph Großmann.
Wird nach einer Mammografie eine Auffälligkeit diagnostiziert, sei der zweite Schritt meist eine Biopsie (Entnahme und Untersuchung von Gewebe aus der Brust), so Großmann.
Ergibt die Biopsie, dass eine therapiebedürftige Erkrankung vorliegt, erfolgt im Brustzentrum Main-Tauber eine auf zwei Säulen aufgebaute Therapie, die individuell auf die einzelne Patientin angepasst wird.
„Zum einen eine lokale Behandlung (OP und Bestrahlung) und zum anderen eine Systemtherapie (Antihormon-, Chemo- oder/und Antikörpertherapie)“, erklärt der Operateur am Brustzentrum, Dr. Großmann, das Prozedere.
Biopsieren macht Sinn
Die bei der Biopsie gewonnenen Ergebnisse geben den behandelnden Ärzten genaue Hinweise auf die individuelle Charakteristik des Tumors, lobt Großmann dieses Verfahren. Ganz nach Sunzi, dem chinesischen Philosophen, der propagierte: „Du musst deinen Feind kennen, um ihn besiegen zu können!“.
Ängste, dass nachdem biopsiert ist, der Krebs sich ungehindert ausbreite, müsse man bei einer sich unmittelbar anschließenden Therapie nicht haben. Die Planung der bestmöglichen Therapie ist Aufgabe der Tumorkonferenzen des Brustzentrums.
Ein interdisziplinäres Expertenteam diskutiert wöchentlich alle neuen Fälle und entscheidet gemeinsam nach aktueller Studienlage und in Kenntnis der Wünsche einer jeden Patientin über die Vorgehensweise von Fall zu Fall.
„Es ist beruhigend für die Patienten, dass nicht nur ein Arzt, sondern eine ganze Batterie von Fachleuten im Plenum die Behandlung begleitet“, betont der stete Teilnehmer dieser Tumorkonferenzen.
Angstfreiheit und das Gefühl, gut aufgehoben zu sein, flankieren so die Therapie. Wichtige zusätzliche Unterstützung gebe die Disziplin Psycho-Onkologie, aber auch die Komplementärmedizin. Die Maßnahmen aus der Naturheilkunde sollten allerdings mit den Schulmedizinern abgesprochen werden, da sich manche Therapien beispielsweise mit einer Chemotherapie nicht vertrügen.
Generell sei jedoch eine Stimulation des Immunsystems, auf welche Weise auch immer, wünschenswert.
Eine starke Abwehr könne die Krankheit schneller besiegen und Therapienebenwirkungen lindern, das stehe außer Frage, sagt der 39-Jährige. Bei der Vorsorge, aber auch bei der Behandlung der Krankheit, sollte die Frau mit offenem Visier kämpfen.
Achtsam, aber nicht übervorsichtig bei Veränderungen an der Brust im Alltag sein und vertrauensvoll, aber nicht unkritisch ihren Ärzten gegenüber in der Brustkrebsbehandlung.
Sehenden Auges ans Ziel gelangen ist hier die Devise, nicht Augen zu und durch!
Das Interview mit dem Oberarzt des Brustzentrums Main-Tauber führte Lebenslinie-Chefredakteurin Susanna Khoury.
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