Die alte fränkische Kartoffelsorte „Bamberger Hörnla“ ist spätestens seit ihrer Ernennung zur „Kartoffel des Jahres 2008“ durch Landwirtschafts- und Umweltorganisationen einem breiteren Publikum bekannt.
Doch Bamberg hat noch mehr Lokalsorten zu bieten: Knoblauch, Zwiebel, Rettich, Wirsing, Stangen- und Buschbohnen – sie alle hatten früher ihren festen Platz in der heimischen Küche.
Hiesige Gärtnerfamilien haben Nutzpflanzensorten einst über Generationen hinweg vermehrt.
Entstanden sind so echte Haussorten und ein schönes Sprichwort: „Mei Tochter kannst ham, mein Sama net!“ Mittlerweile erscheint der Aufwand vielen aber zu groß.
„Samen bestellen ist viel einfacher“, so Gertrud Leumer. „Dann hat man aber einen völlig gleichförmigen, konventionellen Samen.“
So sei gerade der japanische Daikon-Rettich ganz aktuell, erklärt die Gärtnerin und Diplom Ingenieurin (FH) Landespflege. Der passe eigentlich überhaupt nicht hierher, sei aber nicht besonders aufwendig und bringe ordentlichen Ertrag, ergänzt Ulrike Aas.
Die Folge dieser Entwicklung: Die Biodiversität schwindet.
Der Verein „Bamberger Sortengarten – Grünes Erbe Bamberg e.V.“, dessen Vorsitz die beiden Damen inne haben, hat es sich seit Juli 2013 zur Aufgabe gemacht, genau hier anzusetzen.
Sie spüren alte Gemüsesorten und -arten auf und kultivieren diese auf gut 350 Quadratmetern neu. Ihr ehrenamtlicher Beitrag zur Bewahrung des „grünen Erbes“ der Bamberger Gärtner sei vor allem eines, ein Rennen gegen die Zeit, so Aas und Leumer.
In der Vergangenheit gingen bereits Samen lokaler Pflanzen und das Wissen über ihre Verwendung verloren. Denn ist ein Samen einmal tot, ist er ausgestorben.
Finde er sich aber doch, sei er nur wenige Jahre haltbar. Es ist Sisyphusarbeit und Glücksspiel zugleich, was die Frauen hier, anfangs federführend unterstützt durch das Zentrum Welterbe Bamberg, eine Ethno-Biologin sowie der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), leisten.
Erhalten sie heute alten Samen, stellt sich in der Regel erst nach dem Anpflanzen heraus, was die Gärtnerinnen tatsächlich bekommen haben.
Ein geschulter Blick offenbart bereits erste Unterschiede zum industriellen Produkt.
Mundpropaganda ist für den Verein nach wie vor das Wichtigste: Einen entscheidenden Erfolg haben sie so bereits verbuchen können. Die nicht mehr als vorhanden gegoltene, originale Bamberger birnenförmige Zwiebel konnte im Zuge des Projekts in einem Dorf bei Bamberg wiedergefunden werden.
Nun hat sie ihren festen Platz im Sortengarten, wird gehegt, gepflegt und für künftige Generationen vermehrt.
Mittlerweile gibt es hier rund 40 Beete und circa 35 Sorten. Doch es bleibt viel zu tun: Der Wert des immateriellen Erbes werde nach wie vor unterschätzt, so die Fachfrauen.
Man müsse viel Aufklärungsarbeit leisten, um langfristig ein Bewusstsein dafür zu schaffen.
Regelmäßig dienstags treffen sich zwischen fünf und zehn Vereinsmitglieder, um den Garten in Schuss zu halten.
Aber auch Schülern helfen bei der Gartenarbeit. „Wir wollen die Kinder Stück für Stück heranführen. Sie sollen lernen, woher das Gemüse stammt und dass es eben nicht sauber, wie es im Supermarktregal liegt, aus der Erde kommt“, so Aas.
Erwachsene bekommen den Zugang unter anderem über das Thema Kochen.
In den Wintermonaten gibt es die „Kochwerkstatt“, in der alte und neue Rezepte mit den Produkten des Sortengartens ausprobiert und verkostet werden.
Das Wissen über alte, lokale Sorten soll auch über Rezepte verbreitet werden. Der Verein hat hierzu eigens Rezeptkarten anfertigen lassen.
„Kadofflgemüs“
In Anlehnung an ein Rezept aus einem Bamberger Kochbuch von 1805
Zutaten für circa 12 Personen:
30 mittelgroße Kartoffeln
4 Bamberger Birnenförmige Zwiebeln
1 Pastinake
1 Sellerieknolle
4 Stangen Lauch
frischer Ingwer, Parmesankäse, Olivenöl, Gemüsebrühe,
Salz, Pfeffer, Muskatnuss, Petersilie
Zubereitung:
Kartoffeln schälen, in 4 bis 6 Stücke schneiden und in eine große Schüssel mit Wasser legen. Gemüse putzen und klein schneiden. Zwiebeln, Sellerie, Pastinake und Ingwer in einer großen Bratenpfanne (Reine) in Olivenöl circa 15 Minuten dünsten. Dann mit 2 bis 3 Liter. warmer Brühe auffüllen und die geschnittenen Kartoffeln zugeben. Alles circa 30 Minuten köcheln lassen, gelegentlich umrühren, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken. Zum Schluss den geschnittenen Lauch unterziehen und noch einige Minuten mitköcheln. In tiefen Tellern anrichten, mit etwas Petersilie bestreuen und Parmesankäse frisch darüber reiben. Die Kombination von Kartoffel und Ingwer überrascht und ist ausgesprochen gelungen.