Knorpelscheibe mit Verfallsdatum?

PD Dr. Thomas Barthel über Schädigungen am Meniskus und deren Therapiemöglichkeiten

0

War mit 17 Jahren selbst als Basketballer und Reiter im Olympiacamp der Deutschen Sportjugend bei den Olympischen Spielen 1972 in München: Der stellvertretende Ärztliche Direktor am König-Ludwig-Haus, PD. Dr. Thomas Barthel vor dem Original-Werbeplakat von Olympia 1972 in seinem Büro. Foto: Susanna Khoury

Zwischen 20.000 und 25.000 Operationen am Kniegelenk hat PD Dr. Thomas Barthel, stellvertretender Ärztlicher Direktor am König-Ludwig-Haus in Würzburg, in den letzten 30 Jahren vorgenommen. Nicht immer sei der Meniskus betroffen, aber oft, so der Oberarzt und Sportorthopäde. Die halbmond- und keilförmigen Knorpelscheiben im Kniegelenk, so scheint es, haben nur ein bestimmtes „Haltbarkeitsdatum“.

Meniskusschäden entstehen durch Abnutzung im Alter oder schon früher etwa durch starke Dauerbelastung bei Sportlern. Da sei das „Verfallsdatum“ des Meniskus dann schon eher angezeigt. „40 Prozent der Operationen im König-Ludwig-Haus sind Knie-OPs, viele davon auch an jungen Patienten, die sich einen Meniskus-Riss beim Sport zugezogen haben“, sagt Dr. Barthel.

Und auch nach tausenden von OPs sei es immer aufs Neue eine Herausforderung, die geniale Struktur dieses Bindegliedes im Kniegelenk, das für das Beugen und Strecken des Beines von zentraler Bedeutung ist, zu erhalten, so der erfahrene Chirurg.

„Jeder Meniskus-Riss ist anders. Oft kostet es 30 bis 45 Minuten eine Läsion zu nähen. Eine Teilentfernung hingegen ist in der Regel in 15 Minuten abgeschlossen“. Vor allem bei jungen Patienten, die später wieder aktiv Sport machen wollen, lohne es sich, diese Zeit zu investieren, erläutert der 63-jährige Mediziner. Eine in der Regel eindeutige Indikation für eine OP, sei laut Dr. Barthel, eine mechanische Störung, wie ein beim Knie beugen oder in der Drehbewegung auftretendes Blockieren oder ein schmerzhaftes Schnapp-Phänomen.

Alleinige Schmerzen im Knie, vor allem bei älteren Patienten, sprächen nicht gleich für eine OP, vor allem nicht, wenn die Betroffenen schon länger von Arthrose geplagt sind. „Bei diesen Patienten bin ich zurückhaltend mit einer Meniskus-Operation“, so Barthel, „da probiert man erst einmal vier bis sechs Wochen konservativ zu behandeln, mit Physiotherapie und schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten, und gibt Empfehlungen etwa zur Gewichtsabnahme und gleichmäßigen Sportaktivitäten im Form von Schwimmen oder Radfahren!“

Erst, wenn das alles keine Besserung herbeiführt, könne die weitere Diagnostik mittels MRT zeigen, wo und wie ausgeprägt die Schädigung sei und welches weitere Vorgehen angezeigt wäre. Die Puffer- und Stabilisierungsfunktion des Meniskus im Knie sei nicht zu unterschätzen, daher sei man von Totalentfernungen des mit Kollagenfasern durchsetzten Knorpels abgekommen.

Das Ziel jeder OP sei es, so viel Meniskus-Gewebe wie möglich zu erhalten, konstatiert der gewissenhafte Experte. Durch die fehlende Pufferfunktion bei Totalentfernung des Meniskus, so die Resultate einer finnischen Studie¹ von Dr. Raine Sihvonen in Tampere, sei die anschließende Arthrosegefahr im Knie dann um das Sechsfache erhöht.

¹Quelle: Dr. Raine Sihvonen, Department of Orthopedics and Traumatology des Hatanpää City Hospitals im finnischen Tampere hat die Resultate seiner Studie im New England Journal of Medicine veröffentlicht unter www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1305189.

Share.