Sie ist nicht raumgreifend: Gerade einmal 16 bis 20 Zentimeter lang, drei bis vier Zentimeter breit und nur ein bis zwei Zentimeter dick ist eine durchschnittliche Bauchspeicheldrüse (Pankreas) nach Angaben von Dr. André Ragheb, Chefarzt der Inneren Medizin I – Gastroenterologie, Onkologie und Infektiologie am Klinikum Main-Spessart in Lohr. Mit 40 bis 120 Gramm bringt sie auch nicht besonders viel Gewicht auf die Waage. Und sie spielt sich auch nicht in den Vordergrund. Denn sie liegt hinter dem Bauchfell zwischen Magen, Zwölffingerdarm, Milz und Leber.
Doch ihr Understatement täuscht: „Die Bauchspeicheldrüse produziert zur Aufrechterhaltung der normalen Körperfunktionen Hormone, also Botenstoffe, und Verdauungssaft“, erklärt Dr. Ragheb. Das müsse man verstehen, um typische Erkrankungen einordnen zu können, so der internationale Experte für Endoskopie der United European Gastroenterology Week (UEGW). Dazu gehöre etwa Diabetes mellitus. Die Insulinproduktion erfolge im Pankreas über spezialisierte Zellen. Beim Typ 1-Diabetes komme es zur Zerstörung dieser. Beim Typ 2-Diabetes handle es sich hingegen um eine Minderbereitstellung von Insulin etwa durch Alter, Übergewicht oder genetische Veranlagung. „Beide Formen führen zu hohem Blutzuckerspiegel.“ Bleibe dieser konstant hoch, drohe eine nachhaltige Schädigung etwa der großen und kleinen Arterien.
Die Folgen sind gravierend. Dr. Ragheb nennt unter anderem Nervenschädigungen, Herzschwäche, Arteriosklerose, Niereninsuffizienz, Augenerkrankungen und/oder ein diabetischer Fuß. Ein ebenso wichtiges Thema für Ragheb ist die akute Pankreatitis – ein schweres Krankheitsbild mit gürtelförmigen Oberbauchschmerzen, das zur Selbstzerstörung des Organs führen könne. Im Oktober 2021 wurde eine neue Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) verabschiedet¹. Die Botschaft: „Eine schnelle Diagnose kann Leben retten.“ „Die häufigsten Ursachen für eine akute Pankreatitis (…) sind Gallensteine und ein übermäßiger Alkoholkonsum. Obwohl es sich um eine gutartige Erkrankung handelt, die in der Regel binnen weniger Wochen überstanden ist, sterben bei einem schweren Verlauf bis zu 15 Prozent der Betroffenen an Organversagen.“
In einem weiteren Teil seines Vortrags beschäftigte sich Dr. Ragheb mit der chronischen Pankreatitis, einer Erkrankung, die durch wiederholte Entzündungsschübe zu einer fortschreitenden Zerstörung der Bauchspeicheldrüse führen und mit erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität Betroffener einhergehen kann. Maßgebliche Auslöser dieser Erkrankung sind langjähriger Konsum von Alkohol und Tabak. Die Beschwerden können hier mannigfaltig oder auch nur gering sein. Angesprochen werden müssen beim Thema Pankreas auch Tumore. Gutartige wie Pankreaszysten, Zystadenome oder IPMN würden Dr. Ragheb zufolge eher keine Beschwerden bereiten und seien daher meist Zufallsbefunde. Patient:innen hätten selten Schmerzen, würden aber über Gewichtsverlust und/oder Übelkeit klagen. Tückisch sei hingegen der Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). „Auch hier gibt es wenig ‚Vorboten‘“, so Ragheb. Exemplarisch nennt er Gewichtsverlust, Abneigung gegen Fleisch und ein neu aufgetretener Diabetes mellitus als mögliche Symptome. Onkopedia² zufolge stehe dieser Krebs „bei Frauen an sechster, bei Männern an zehnter Stelle der häufigsten, neu aufgetretenen Krebserkrankungen“. Und bisher gebe es „keine wirksamen Früherkennungsmaßnahmen, auch nicht bei Risikopatient:innen“. In Deutschland würden jährlich etwa 8.800 Neuerkrankungen bei Männern und etwa 8.300 bei Frauen diagnostiziert. „Die absolute 5-Jahres-Überlebensrate wird mit acht Prozent bei Männern und neun Prozent bei Frauen angegeben (…).“³
Quellen:
¹https://www.dgvs.de/presse/pressemitteilungen/,
²https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/pankreaskarzinom/@@guideline/html/index.html,
³Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland / Robert – Koch Institut: Krebs in Deutschland 2013 – 2014, Häufigkeiten und Trends: Bauchspeicheldrüse, 11. Auflage 2017; 48 – 51, 2017 www.gekid.de