Kein Hüftschwung mehr?

Im Gespräch mit dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Maximilian Rudert

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Prof. Rudert ©König-Ludwig-Haus Würzburg,

„Die Hüfte tut weh, jetzt bin ich alt“ … kann sein, muss aber nicht! Erkrankungen der Hüfte sind nicht immer eine Alterserscheinung. Sie können jede:n treffen, in jedem Alter. Die Ursachen für fehlende Beweglichkeit in der Hüfte bis hin zu akuten Schmerzen sind vielfältig. Sie reichen von genetischer Veranlagung über akute Verletzungen bis hin zu Überbeanspruchung oder altersbedingtem Verschleiß. Lebenslinie hat sich bei Professor Maximilian Rudert, dem Ärztlichen Direktor im König-Ludwig-Haus in Würzburg und dem Ordinarius für Orthopädie der Universität Würzburg, schlaugemacht …

Lebenslinie (LL): Welches sind die häufigsten Erkrankungen der Hüfte?

Professor Maximilian Rudert (MR): „Die häufigste Erkrankung der Hüfte ist sicherlich die Arthrose. Sie betrifft in der Regel ältere Menschen über 50 Jahre. Bei jüngeren Menschen kann sie auch aufgrund von Verletzungen oder angeborenen Anomalien entstehen. Auch Sportler können von Arthrose betroffen sein. Diese entsteht hier durch stetige Überlastung. Eine weitere, häufig vorkommende Erkrankung ist eine Bursitis, also wenn die Schleimbeutel, die die Gelenke schützen, sich entzünden. Dies kann durch übermäßige Reibung oder Verletzungen entstehen. Bursitis kann Menschen jeden Alters betreffen, einschließlich Sportler:innen, die repetitive Belastungen und ­Bewegungen ausführen. Auch treten Brüche am Oberschenkel nahe dem Hüftgelenk häufig auf, insbesondere bei älteren Menschen, bei Frauen nach der Menopause, aufgrund von Osteoporose.“

LL: Bei welchen Symptomen sollte man hellhörig werden?

MR: „Typische Symptome, die auf eine Hüfterkrankung hinweisen können, sind Schmerzen in der Leiste. Sie können ins Gesäß oder den Oberschenkel bis zum Knie ausstrahlen. Ein Hinken, bei dem das betroffene Gelenk in der Regel kürzer belastet wird, ist ein äußerliches Zeichen dafür. Die Schmerzen führen im Verlauf zu einer Einschränkung der Beweglichkeit.“

LL: Welche Diagnostik ist angeraten, um herauszufinden, was es ist?

MR: „Wenn jemand anhaltende oder sich verschlimmernde Schmerzen oder andere Symptome im Hüftbereich hat, wird ein:e Ärztin zunächst eine körperliche Untersuchung durchführen, um die Symptome zu bewerten, die Beweglichkeit des Gelenks zu prüfen und nach Anzeichen von Schwellungen, Rötungen oder Deformitäten zu suchen. In der Regel wird danach ein Röntgenbild erstellt, das Veränderungen im Knochen, wie Arthrose oder Frakturen, sichtbar macht. In schwierigeren Fällen kann eine Magnetresonanztomographie (MRT) notwendig sein. Bluttests können sinnvoll sein, um Entzündungen im Körper zu erkennen. Bei Verdacht auf eine Infektion und Nachweis eines Gelenkergusses ist eine Hüftgelenkspunktion angeraten, um einen Keimnachweis zu erhalten.“ 

LL: Beispiel Hüftgelenksarthrose. Wie schaut hier die Therapie aus? 

MR: „Bei der Hüftgelenksarthrose sollte primär mit einer konservativen Therapie begonnen werden. Hier helfen in der Regel nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), die Schmerzen lindern und Entzündungen reduzieren. Schmerzmittel können ebenfalls verschrieben werden. Gezielte Übungen und physikalische Therapie können helfen, die Muskulatur zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und den Druck auf das Gelenk zu reduzieren. Bei Übergewichtigen kann Gewichtsabnahme den Druck auf das Hüftgelenk verringern und die Symptome lindern. Die Verwendung von Gehhilfen wie Gehstöcken oder Krücken reduziert die Belastung des Hüftgelenks. Dazu gehört auch das Vermeiden von übermäßiger Belastung des Gelenks. Bei fortgeschrittener Hüftgelenksarthrose ist ein Hüftgelenkersatz oft die einzige Lösung. Hierbei wird das geschädigte Gelenk durch eine künstliche Prothese ersetzt.“

LL: Beispiel Entzündungen im Hüftbereich – wie kann man hier therapieren?

MR: „Die Therapie von Entzündungen im Hüftbereich hängt von der Ursache der Entzündung ab. Es ist wichtig, die genaue Ursache der Entzündung zu bestimmen, um eine geeignete Behandlung zu planen. Wenn wir von Entzündung im Sinne von Reizung des Gelenkes sprechen, treffen die Behandlungsmaßnahmen bei Arthrose zu. Sollte in selteneren Fällen eine echte Entzündung durch Bakterien vorliegen, muss nach der Bestätigung der Diagnose eine operative Therapie mit antibiotischer Behandlung erfolgen. Es ist daher wichtig, dass die Diagnose und Therapie unter ärztlicher Aufsicht erfolgt.“

LL: Beispiel Hüftdysplasie – welche Therapie ist hier möglich?

MR: „Die Hüftdysplasie ist eine angeborene Erkrankung, bei der das Hüftgelenk nicht richtig entwickelt ist. Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Dysplasie und dem Alter der Patient:innen. Frühzeitige Erkennung und Behandlung sind wichtig, um Komplikationen wie Arthrose im späteren Leben zu verhindern. Bei Babys mit leichter Hüftdysplasie können spezielle Wickeltechniken oder Spreizwindeln verwendet werden, um die Hüfte in einer korrekten Position zu halten und die normale Entwicklung des Gelenks zu fördern. Bei Neugeborenen und Säuglingen wird eine Hüftsonographie durchgeführt, um die genaue Position des Hüftgelenks zu überprüfen. Bei Bedarf kann frühzeitig mit konservativen Maßnahmen begonnen werden. Die Therapie ist in den meisten Fällen konservativ und hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab. Bei schweren Fällen, die nicht konservativ erfolgreich behandelt werden können, wird eine Operation erforderlich, um eine Umformung der Gelenkgeometrie zu erreichen.“

LL: Wie schaut die Prophylaxe für Hüfterkrankungen aus?

MR: „Ja, Prophylaxe ist immer besser als eine Therapie. Dazu gehören regelmäßige körperliche Aktivität, die Ausdauer, Kraft und Flexibilität fördert, die Muskeln stärkt, das Gelenk stabilisiert und die allgemeine Gelenkgesundheit unterstützt. Sportarten und Übungen, die die Gelenke nicht übermäßig belasten, wie zum Beispiel Schwimmen oder Radfahren, sind positiv. Ein gesundes Gewicht zu halten oder abzunehmen, falls übergewichtig, kann den Druck auf die Hüftgelenke reduzieren und das Risiko von Hüfterkrankungen verringern. Insgesamt ist eine gesunde Lebensführung und moderate Belastung und Training auch für die Gelenke positiv.“

Wir bedanken uns bei Prof. Maximilian Rudert für die profunden Auskünfte. Das Interview mit dem Ärztlichen Direktor im König-Ludwig-Haus in Würzburg und dem Ordinarius für Orthopädie der Universität Würzburg führte Lebenslinie-Chefredakteurin Susanna Khoury.

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