„Jeder hört sein eigenes Konzert“

Musik kann sich positiv auf die Gesundheit auswirken, sagt die Würzburger Musikmedizinerin Professor Maria Schuppert

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Musikmedizinerin in Würzburg: Prof. Dr. Maria Schuppert. Foto: ©Michaela Schneider

Bei vielen Menschen sorgt ein geglückter Choreinsatz für Gänsehaut – und doch gibt es kein „Gänsehautrezept“ für Komponisten. Einer anderen Sache ist sich die Wissenschaft inzwischen aber recht gewiss: Musik kann sich positiv auf die Gesundheit auswirken. Das bestätigt Medizinerin Maria Schuppert. An der Würzburger Hochschule für Musik vertritt sie den Bereich „Musik und Gesundheit“.

Eingesetzt wird Musik inzwischen in zahlreichen Fachbereichen von der Anästhesie über die Zahnheilkunde bis hin zur Geburtshilfe, um das subjektive Wohlbefinden von Patienten zu steigern, Angst zu nehmen, den Stresshormonspiegel, Herzfrequenz und Blutdruck zu senken und ein Stück weit postoperative Schmerzen zu lindern. Sinken kann auch der Medikamentenverbrauch. Das menschliche Gehirn ist in der Lage, aus Schwingungen eine komplexe akustische Welt zu bauen. Dabei verknüpft es verschiedenste Schallinformationen mit individuellen Emotionen, der musikalischen Biographie, dem eigenen Musikcharakter oder aktuellen Situations- und Sinneseindrücken.

Was die Erforschung der „Macht der Töne“ deshalb schwierig macht: Es gibt kein „Musikzentrum“ im Gehirn. Ein hoch verzweigtes, individuelles Nervenzellennetz zeichnet dafür verantwortlich, wie ein Mensch bestimmte Musik wahrnimmt. „Jeder hört sein eigenes Konzert“, sagt Dr. Schuppert. Damit könne es auch keine allgemeingültige „musikalische Hausapotheke“ geben.

Tatsächlich gibt es viele Menschen, bei denen etwa Chorklänge körperliche Effekte auslösen und den berühmten Schauer über den Rücken jagen. Messbar ist auch, dass sich teilweise der Herzschlag, der Muskeltonus, die Atemtiefe oder der Hautleitwert erhöhen. Gemessen wurden umgekehrt auch vegetativ beruhigende Reaktionen beim Musikhören wie ein Rückgang des Stress-, Angst- und Schmerzempfindens oder ein niedrigerer Herzschlag. Professor Dr. Hans-Joachim Trappe, Direktor der kardiologischen Klinik am Marienhospital Herne, verglich in einer Studie an der Universität Bochum die Wirkung unterschiedlicher Musikstile.

Bei Probanden, die Mozart, Strauss, aber auch Heavy Metall hörten, sank der Blutdruck. Johann Sebastian Bachs Kompositionen lösten Herzfrequenz und Cortisol aus. ABBA zeigte keine Wirkung. Herzspezialisten vermuten schon länger, dass Musikhören das Herz-Kreislauf- System positiv beeinflusst. Die Problematik laut Professor Schuppert: Reaktionen seien unspezifisch und daher schwer mess- und vergleichbar. Auch fehle es an spezifischem Wissen über die Wirkung bestimmter Genres, Kompositionsformen und bestimmter Musikmerkmale. Ebenso gebe es bislang keine Studien, die Aussagen über eine Langzeitwirkung zulassen.

Positiv wirken laut Schuppert wohl ein hoher Grad an Periodizität, eingängige Melodien, eine angenehm empfundene Tonart, eine konstante Lautstärke sowie konstante Rhythmen, eine wenig aufreibende Harmoniefolge, kein Text, eine gewisse Bekanntheit sowie Musikhören in Ruhe.

Forum Musikermedizin am 22. November 2019 ab 9.30 Uhr in der Hochschule für Musik, www.hfm-wuerzburg.de

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