Vorsichtig taste ich mich auf die kleine schwarze Matte, versuche möglichst gerade zu stehen und beide Füße gleich zu belasten. Jetzt bloß keine Schwäche zeigen…! Der Termin in der neuen Filiale des Sanitätshauses Haas am Berliner Ring war wohl einer der spannendsten und zugleich ungewöhnlichsten
des Jahres 2015.
Normalerweise gehen Journalisten ihrem Gesprächspartner auf den Grund. Wir stellen unbequeme Fragen und haken nach, wenn es besonders knifflig wird. Diesmal war es anders herum. Sanitätshaus-Mitarbeiter Patrick Matthäus und sein externer Kollege Gerhard Fischer nahmen mich genauestens unter die Lupe.
Lediglich in Unterwäsche und mit einem Diktiergerät ausgestattet, trat ich zur umfassenden Körperstatikanalyse an – und versuchte im wahrsten Sinne des Wortes Haltung zu bewahren.
Muskuläre Dysbalancen
„Jeder Zweite in Deutschland klagt über Rückenprobleme. Bei 20 Prozent der Bevölkerung sind die Beschwerden bereits chronisch (…). Betroffen sind alle Altersgruppen – vom Schulkind bis zum Senior“, schreibt der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK) e.V..
Die „Volkskrankheit Nr. 1“ hat nicht selten haltungsbedingte Ursachen. Auch in unserer „Lebenslinie“-Redaktion ist sie keine Unbekannte. Woher sie kommt, das meinen wir zu wissen: zu lange am Schreibtisch, zu wenig Bewegung. Doch das ist nur eine Oberflächenbetrachtung, wie ich bereits zu Beginn der Analyse erfahre.
Als eine der Hauptursachen für haltungsbedingte Beschwerden „(…) gelten Fehlhaltungen, die meist funktionell bedingt sind, das heißt: ihre Ursachen liegen in muskulären Dysbalancen respektive Ungleichgewichten“, weiß man im Sanitätshaus Haas.
Mit einem 4D-Scanner wird hier Rückenschmerzen, Verspannungen, Knie- und Hüftproblemen auf den Grund gegangen. Das Ziel: Fehlhaltungen identifizieren und mittels verschiedener Maßnahmen entgegenwirken. Gut eine Stunde dauert dieses Prozedere, das mir so manche Kniebeuge, ungelenke Drehung und einiges an Gänsehaut abverlangt.
Body-Balance-Check
„Statik ist die Haltung in Ruhe“, erläutert Matthäus, während ich versuche, genau diese zu bewahren. „Bei der Analyse sehen wir uns an, wie diese genau aussieht.“ Im Fokus stehen fortan meine Wirbelsäule, Schulter, Becken und Knie und Füße.
Vabene-Haltungsanalyse nennen sie dieses mehrstufige Verfahren, das ihnen aussagekräftige Werte über einen Journalistenkörper Mitte 30 liefern soll. Sinn mache eine Anwendung jedoch bereits ab einem
Alter von sieben Jahren.
Am Anfang steht eine Datenaufnahme und der so genannte „Body-Balance-Check“, gefolgt von der Anamnese und der computergestützten Haltungsvermessung, „die Scans vom Rücken, unteren Rücken bis zum Knie und
vom Bein bis zum Boden“ liefert.
Hier wird das Krümmungsverhalten der Wirbelsäule betrachtet, das in meinem Fall erstaunlich ideale Mittelwerte liefert. Abweichungen von Normalwerten würden oft mit Veränderungen der Muskelspannung einhergehen, wird mir entsprechend zufrieden erklärt.
Die Untersuchung von Schulter und Becken liefert dem Duo darüber hinaus Erkenntnisse über mögliche
Verdrehungen und Verschiebungen der Körperachse als Ursache von Dysbalancen und muskulären Verspannungen.
Auch hier scheint „alles geritzt“. Der eingehenden Inspektion folgt eine Besprechung des Analyseberichts, der mitgenommen werden darf. Am Schluss der Sitzung steht die Beratung über mögliche Maßnahmen.
Folgen unseres Lifestyles
Die Experten empfehlen mir eine ganzheitliche Betrachtung. Individuell gefertigte, sensomotorische Einlagen, die Muskelspannungen im gesamten Körper gezielt verändern, sowie der Gang zu einem Physiotherapeuten oder schlicht sportliche Betätigung.
Isoliert sollten sie allerdings nicht stehen und schon gar nicht den Gang zum Arzt ersetzen. Nächte am Schreibtisch, viel zu wenig Bewegung und mit Sicherheit das ein oder andere Pfund zu viel auf den Rippen – zugegeben, ich hatte mit einem anderen Ergebnis gerechnet.
Ich pflege den Lifestyle der modernen Bürogesellschaft, die sich anders als unsere Vorfahren, deutlich weniger bewegt und genau solche Analysen notwendig macht. Diese Lebensweise grundlegend zu verändern, fällt sicherlich schwer, denke ich mir, während ich zurück in meine Kleider schlüpfe.
Bewirken können die gewonnenen Erkenntnisse aber zumindest eines: Ich werde jetzt besser in den eigenen Körper hineinhören.