„Ich pflege wieder, wenn …“

Pflegedirektor Marcus Huppertz über Maßnahmen des Gegen­steuerns eines Maximalversorgers in Zeiten des Fach

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In deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen fehlten nach groben Schätzungen 2021 rund 200.000 Pflegekräfte. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft in Köln¹ könnte sich bis 2030 in Deutschland eine Versorgungslücke von knapp 500.000 Fachkräften im Pflegebereich auftun. 40 Prozent der Beschäftigten in der Pflege sind derzeit 50 Jahre und älter, will heißen, dass sie in zehn bis 15 Jahren in den Ruhestand gehen. Die Überalterung der Gesellschaft schreitet indessen ungeachtet voran. Wie kann man diese Negativspirale aufhalten? Marcus Huppertz, seit Juli 2021 Pflegedirektor am Uniklinikum Würzburg (UKW), blickt auf die Sachlage: „Es ist zunächst einmal Fakt, dass die Generation der sogenannten ‚Baby-Boomer‘ nun nach und nach das Renteneintrittsalter erreicht. Das dies passieren würde, war absehbar.“

Unsere Gesellschaft müsse verstehen, dass das Problem des Fachkräftemangels, das sich mittlerweile im gesamten Gesundheit- und im Sozialsektor auftut, nicht ad hoc zu beheben sein werde. Huppertz: „Das Thema war also längst bekannt – nur wurde es seit dem von unterschiedlich politisch Verantwortlichen nicht konsequent und mit der nötigen Ernsthaftigkeit in der Verfolgung von Lösungsansätzen bearbeitet. Die entscheidenden Schlüssel zu Lösungen der Gesamtproblematiken liegen am Ende auch bei der Politik. Auf Bundes- und auch auf Landesebene.“ Eines ist dem Vorstandsmitglied der unterfränkischen Uniklinik aber wichtig: Das UKW verlässt sich nicht nur auf Lösungen aus der politischen Riege, sondern greift selbst von allen Seiten an, um diesen „außergewöhnlich erfüllenden Beruf“, wie Marcus Huppertz die Pflege beschreibt, wieder attraktiv zu machen – sowohl für junge Menschen aber auch für Berufsrückkehrer:innen.

Springerpools seien etwa ein Tool, an dem im UKW gerade mit Hochdruck gearbeitet werde, um Pflegekräften das wohlverdiente „Frei“ garantieren und flexible Arbeitszeiten für unterschiedliche Lebensentwürfe bieten zu können. Die Stabilität des Dienstplanes sei extrem wichtig für die Arbeitszufriedenheit im Pflegesektor. Auch die Auslandsakquise, die bereits vor seiner Zeit als Pflegedirektor vehement betrieben wurde, soll am UKW zwar weitergeführt werden, jedoch mit Augenmaß und Augenmerk auf die gelingende Integration ausländischer Fachkräfte hierzulande. Keine Attraktivitätssteigerung für den Beruf der Pflegefachfrau/des Pflegefachmanns sieht der ehemalige Intensivpfleger in der zusätzlichen Übertragung ärztlicher Tätigkeiten an die Pflege: „Meine Erfahrung zeigt mir, dass professionell Pflegende sich im Rahmen der Sinnstiftung ihrer Tätigkeit und auch im Rahmen ihrer erworbenen Handlungssicherheit und Kompetenzfelder am allerliebsten in den Bereichen bewegen, in denen sie auch primär qualifizierend ausgebildet worden sind.“ „Ich pflege wieder, wenn …“ so ist eine ganz aktuelle Studie² überschrieben, die belegt: Mindestens 300.000 Vollzeit-Pflegekräfte stünden in Deutschland etwa durch Rückkehrer:innen in den Beruf zusätzlich zur Verfügung, sofern sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege deutlich verbessern würden.

Quellen:
¹de.statista.com/statistik/daten/studie/172651/umfrage/bedarf-an-pflegekraeften-2025/,
²Jennie Auffenberg, Denise Becka, Michaela Evans, Nico Kokott, Sergej Schleicher, Esther Braun: „Ich pflege wieder, wenn …“ – Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegefachkräften, Mai 2022, www.arbeitnehmerkammer.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Politik/Rente_Gesundheit_Pflege/Bundesweite_Studie_Ich_pflege_wieder_wenn_Kurzfassung.pdf

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