Hören muss man lernen

Am Comprehensive Hearing Center in Würzburg werden Hörstörungen interdisziplinär diagnostiziert und behandelt

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Prof. Dr. Rudolf Hagen, Direktor der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Würzburg. Foto: Universitätsklinik Würzburg

Prof. Dr. Rudolf Hagen, Direktor der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Würzburg. Foto: Universitätsklinik Würzburg

Hörstörungen sind komplex. Denn, ob es um ein Neugeborenes mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geht oder um einen Erwachsenen, der aufgrund von Stress einen Hörsturz erleidet und deshalb nicht nur den HNO-Arzt, sondern auch einen Psychologen braucht: Bei etlichen Schwerhörigkeiten bedarf es einer interdisziplinären Behandlung.

Das war für Mediziner des Universitätsklinikums Würzburg mit ein Grund, im Jahr 2009 das Comprehensive Hearing Center (CHC) aus der Taufe zu heben – ein interdisziplinäres Diagnostik-, Beratungs- und Forschungszentrum rund ums Thema Hören.

Dessen Arbeit beginnt auf der Säuglingsstation: „Hören ist für die Entwicklung eines Kindes extrem wichtig. Hörauffälligkeiten müssen so früh wie möglich erkannt und behandelt werden“, sagt Universitätsprofessor Dr. Rudolf Hagen, Direktor der HNO-Klinik des Universitätsklinikums.

Jeder Säugling in der benachbarten Frauenklinik wird deshalb im Zuge eines Neugeborenen-Hörscreenings von Ärzten des CHC untersucht. Eng zusammen arbeiten Mediziner auch bei komplexen Fällen rund ums Thema Hörstörungen: Diese werden interdisziplinär in einem speziellen „Patientenboard“ besprochen.

Hörverlust gilt als Volkskrankheit, mehr als 40 Prozent der Erwachsenen über 65 Jahre sind mehr oder minder stark betroffen. In vielen Fällen lässt sich die Schädigung aber behandeln – etwa mit einem Hörgerät oder Implantaten. Allerdings ist es damit allein nicht getan.

„Wird ein Gerät angeschaltet, ist das fürs Gehirn total neu. Hören muss man dann neu lernen“, sagt Hagen. In der Regel dauere es mindestens drei Monate bis ein Gerät angepasst und das Gehirn wieder trainiert ist.

Ein Hörgeräteakustiker arbeitet direkt am CHC, um Patienten dabei zu unterstützen. Übrigens setzen Mediziner heute auf die Versorgung beider Ohren mit Hörsystemen, weil das Zusammenspiel der Ohren unter anderem wichtig für die Orientierung, die Lokalisation von Schallquellen oder auch fürs Richtungshören ist.

Eine wichtige Rolle spielt am CHC zudem das Thema Grundlagenforschung. Herausfinden will man zum Beispiel, wie genau der Schallreiz aufs Gehirn übertragen wird, um sich das Prinzip bei der Behandlung von Hörstörungen zunutze zu machen.

Enge Kontakte pflegt das CHC zudem zu Partnern aus der Medizintechnik, um die Weiterentwicklung von Implantaten & Co. voranzutreiben.

Hörtrainingstage
Auch 2016 veranstaltet das Comprehensive Hearing Center wieder Hörtrainingstage. Die Termine des ersten Halbjahres stehen fest. Einen Tag lang arbeiten Hörgeräteträger zwischen 9.30 und circa 18 Uhr dabei in Gruppen mit maximal zehn Personen.
Die Termine im Überblick:
23. April: Wie kann ich das Telefonieren verbessern?
23. Juli: Wie kann man Fernsehen, Radio und CD zum Training nutzen?
Anmeldung unter Telefon 0931.20121777

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