Gesunde Erde, gesunde Menschen?

Dr. Eckart von Hirschhausen über „Planetare Gesundheit“

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Extremwetterereignisse, zunehmende Luftverschmutzung und Pollenflug, Infektionskrankheiten, bedrohte Nahrungsmittelproduktion – die Auswirkungen der Klimakrise sind längst spürbar geworden. Sie betreffen allerdings nicht nur die Umwelt, sondern auch unsere Gesundheit. Die Zusammenhänge und Interaktionen sind komplex und haben „vielerorts noch nicht Einzug in das ärztliche Handeln und in die Ausbildung von Mediziner:innen und anderen Gesundheitsberufen erhalten“, wie die Universität Würzburg berichtet. Dabei sei Klima-, Umwelt- und Artenschutz immer auch Gesundheitsschutz. Anschaulich dargestellt wurde das von Dr. Eckart von Hirschhausen, der Ende 2021 an der Universität Würzburg über „Planetary Health“ sprach. Darunter versteht man ein ganzheitliches Gesundheitskonzept, das versucht, die Verzahnung der menschlichen Gesundheit mit den natürlichen, politischen, ökonomischen und sozialen Systemen auf unserem Planeten zu verdeutlichen.

„Wissenschaft allein wirkt nicht“, so die Überzeugung des Mediziners, der besonders die Gesundheitsberufe auffordert, sich ebenfalls „mit klarer und anschaulicher Kommunikation“ stärker einzumischen. Denn nur so könne der Klimakrise als „der größten Gesundheitsgefahr im 21. Jahrhundert“ begegnet werden. Er ist überzeugt, dass es „noch Hoffnung gibt“. Beispiel Luftverschmutzung: „Allein sie tötet jedes Jahr sieben bis acht Millionen Menschen“, warnt Eckart von Hirschhausen. „Aber wir reden nicht viel darüber.“ Seiner Ansicht nach müsse es daher nicht nur Aufgabe von ­Ingenieuren sein, sich für erneuerbare Energien einzusetzen, sondern auch ein ärztliches Anliegen. Sie müssten auf die gesundheitlichen Vorteile hinweisen. Ähnlich denkt er über die Corona-Pandemie. Wäre sie zu verhindern gewesen? „Ja, wenn wir aus den vorherigen Pandemien wie Ebola oder HIV gelernt hätten.“

Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Verdrängung der Wildtiere aus den unterschiedlichsten Gründen. „Sie geraten in die Defensive, werden gejagt, werden krank.“ Auf einem Wildtiermarkt kämen dann unterschiedliche Arten zusammen. Das könne dazu führen, dass sich Viren neu kombinierten und auf den Menschen übertragbar würden. „Dass wir für unser Handeln einen Preis zahlen, ist offensichtlich.“ Ein weiteres Stichwort ist für von Hirschhausen die Erderwärmung. Denn die Welt käme in einen „bedrohlichen Temperaturbereich“. Das habe auch für die Gesundheit fatale Folgen. Ein Beispiel: „Unser Hirn braucht ein paar Rahmenbedingungen, um einen kühlen Kopf zu bewahren.“ „Läuft es heiß, leidet die gesamte Temperaturregulation.“ Es entstünden irreversible Schäden. „Eineinhalb Grad können im menschlichen Körper den Unterschied machen, ob wir leben oder tot sind.“ Eine dritte, große Quelle von Sorgen ist von Hirschhausen zufolge die Ausbreitung von Allergien und Tropenkrankheiten.

Erstere nehmen durch invasive Arten, aber auch durch Infektionen zu, die etwa durch Zecken übertragen würden. Früher seien Zecken im Winter gestorben, die Population habe sich verkleinert. Deswegen hieße es auch Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Heute würden solche Fälle bereits im Januar auftreten. Auch durch Mücken übertragbare Krankheiten seien weltweit auf dem Vormarsch. So seien zum Beispiel jene, die sonst nur in den Tropen zu finden seien, plötzlich mitten in Deutschland ein Thema. Sein Schluss: „Ganz viele Dinge sind massiv aus dem Takt (…) und wir missachten, dass wir alle ein Teil dieses ‚Web of Life‘ sind.“ Man kann daran verzweifeln oder es aber anpacken.

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