Gehörlos,aber nicht stumm

Modebloggerin Christine Eggert klärt über Gebärdensprache auf

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©Michaela Schneider

Eigentlich ist die Gebärdensprache seit 20 Jahren in der deutschen Gesetzgebung verankert. Gesellschaftlich etabliert hat sie sich aber längst nicht, nur wenige hörende Menschen beherrschen das Gebärden. Christine Eggert, ihres Zeichens Modebloggerin und Influencerin, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das zu ändern. „Wir sind gehörlos, aber nicht stumm“, lautete ganz lang ihr Motto auf Instagram unter @_chocosecret_. Ihren Einfluss als Influencerin nutzt sie, um dort unter anderem über Gehörlosigkeit und Gebärdensprache aufzuklären. Zum Beispiel erfährt man, dass es auch in der Gebärdensprache regionale Dialekte gibt. Und immer wieder postet die Influencerin neben ihren Modevideos kurze Beiträge, in denen sie Gebärdensprache-Vokabular vermittelt. Mal geht es ums Wetter, mal um Kindernahrung oder Wochentage. Um die 85.000 Menschen in Deutschland leben mit einer Höreinschränkung. Weitere 120.000 Schwerhörige oder Hörende benutzen die Gebärdensprache ebenfalls. Zum Interview in ein Würzburger Café kommt Gebärdendolmetscherin Lea Wagner dazu, denn Eggert, die mit ihrer Familie im Landkreis Würzburg lebt, ist selbst von Geburt an gehörlos. Auch ihre Kinder, der heute dreijährige Damian und die neunjährige Emilie, wurden gehörlos geboren. Vor allem Emilie bewegt sich mittlerweile dank zweier Cochlea-Implantate (CI) in zwei Welten – jener der Hörenden und jener der Gehörlosen. Christine Eggert selbst stieß als Kind und Jugendliche an Grenzen, musste um ihren Berufstraum kämpfen und wartete als Bloggerin aus Sorge vor Ablehnung vier Jahre bis zu ihrem „Outing“ als Gehörlose. Ihre Eltern sind hörend, als kleines Mädchen konnte sie weder sprechen noch gebärden. Als sie sieben Jahre alt war, bekam sie ein Cochlea-Implantat eingesetzt. Wie es gewesen sei, als sie das erste Mal Töne und Geräusche, ihre Umwelt und ihre Familie hörte? Manch einer empfinde diesen Moment als bedrohlich oder erschreckend. Sie selbst habe sich einfach nur gefreut. Die junge Frau machte den Schulabschluss und lernte am Berufsbildungswerk (BBW) Winnenden Köchin. Das Kochen macht ihr Spaß, doch war da im Hinterkopf ein anderer Traum. „Ich war immer fashionbegeistert und wollte etwas mit Klamotten oder etwas Künstlerisches machen“, erzählt sie. Auf Instagram folgte sie Modebloggerinnen, begann selbst privat das ein oder andere zu posten. Die Zahl der Follower wuchs. 2017 kam unerwartet eine Firma auf die junge Frau zu und fragte eine erste Kooperation an. Allerdings wussten ihre Follower nicht, dass  @_chocosecret_ alias Christine gehörlos ist. Der ein oder andere habe lediglich gefragt, ob sie mit Blick auf Grammatik und Formulierungen vielleicht Migrationshintergrund habe. Sie habe früher viel Ablehnung erlebt, begründet die 31-Jährige ihre Sorge vor einem „Outing“. Bewerbungen seien ins Leere gelaufen. Hörende hätten ablehnend auf ihre Stimme reagiert. „Ich hatte mich immer versucht an Hörende anzupassen“, erinnert sie sich. Ihre Schwester ermutigte sie, ihren eigenen Weg zu gehen. Und tatsächlich reagierten Christines Follower, als sie bei Instagram von ihrer Gehörlosigkeit erzählte, durch die Bank positiv. Sie wollten mehr über die Gebärdensprache erfahren. Und über das Leben einer Familie, in der man sich zum Beispiel nicht zum Essen ruft, sondern das Licht an-, aus- und wieder anschaltet. Und in der es, erzählt die junge Frau mit einem breiten Lächeln, manchmal ganz schön laut zugehe.  

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