Eine neue Türe öffnen

Birgit Sauerschell aus Lichtenfels ist die deutschlandweit erste Trauerclownin

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Weil sie die Hoffnung hatte, damit Menschen zu helfen, die trauern, mauserte sich Birgit Sauerschell alias Kaala Knuffl vor gut drei Jahren vom Klinik- zum deutschlandweit ersten Trauerclown. „Leider hat Corona mein Projekt ziemlich ausgebremst“, bedauert die 57-jährige Psychologin aus dem oberfränkischen Lichtenfels. Was bedeutet: Auf einem Friedhof war Kaala Knuffl noch nicht im Einsatz. Doch zweimal schon half die Clownin Hinterbliebenen bei Trauerfeiern, gut mit ihrer Trauer umzugehen. Clowns sind nicht nur Wesen, die das Leben in vollen Zügen genießen. Gerade mit Pierrot gibt es auch die Figur des traurigen Clowns. „Der Clown ist mehr als der Schenkelklopfer“, bestätigt Sauerschell. Für sie selbst sei der Clown ein Wesen, das Ja sagt zu dem, was gerade da ist. Egal, was es ist. Etwas Freudiges. Etwas Irritierendes. Etwas Trauriges. Der Clown ist außerdem jemand, der schnell die Perspektive wechseln und mit jeder Situation kreativ umgehen kann.

Als Figur, die sich zwischen Kopf und Gefühl bewegt, sei der Clown sehr hilfreich und wichtig für viele Menschen: „Nach meiner Überzeugung muss er deshalb unbedingt auch auf den Friedhof.“ Das ist nicht pietätlos, wie man irrtümlicherweise meinen könnte. „Der Trauerprozess bei Beerdigungen oder Trauerfeiern wird durch den Clown nicht weggewischt“, sagt die Trauerclownin. Der Clown möchte allerdings verhindern, dass die Trauer wie eine unerträglich schwere Decke über allem liegt. Stirbt ein hochbetagter, am Ende seines Lebens schwerkranker Mensch, sei die Trauerfeier ja nicht ausschließlich traurig: „Bei solchen Feiern finden auch freudige Begegnungen statt.“ Oft ist die Familie seit Jahren zum ersten Mal wieder beieinander. Dass Clowns keine Freund:innen von Konventionen sind, kann ebenfalls sehr segensreich bei Beerdigungsfeiern sein. „Angehörige fragen sich oft, was sie auf dem Friedhof tun, also wie sie die Beerdigung gestalten dürfen“, erklärt Birgit Sauerschell. Möglicherweise hat der Verstorbene als einen seiner letzten Wünsche geäußert, dass bei seiner Beerdigung sein Lieblingsgetränk, vielleicht war das Ramazzotti, ausgeschenkt wird. Es kann Angehörigen schwerfallen, diesen Wunsch am Grab zu erfüllen. Clowns dürfen das. Sie öffnen eine neue Türe und dafür braucht es auch unübliche Handlungen.

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