Durstig oder krank?

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Konzentrationsschwierigkeiten, Schwindel, Orientierungslosigkeit, Stürze und schwere Verwirrtheit – gerade bei älteren Menschen ­legen diese Symptome die Diagnose „Altersdemenz“ nahe. Nicht selten liegt aber „nur“ ein Wassermangel im Körper der Senior:innen vor. Im Alter lässt das Durstgefühl nach und ältere Personen vergessen dann schlichtweg zu trinken. Der Flüssigkeitsverlust, der dadurch entstehe, führe zu Dehydration und im schlimmsten Fall zu Eksikkose, so der Geriater Dr. Michael Schwab. „Dehydration steht dabei für die Abweichung der Wassermenge im Körper vom Normalwert. Eksikkose benennt die Krankheit, die durch das Austrocknen des Körpers entsteht“, erklärt Schwab den vielfach fließenden Übergang von einem Stadium zum anderen. Ein Wassermangel mache im Alter viel früher krank als in jungen Jahren, so der Altersmediziner. Die Hälfte des Flüssigkeitsverlustes bei Menschen in den Zwanzigern berge bei Personen über 80 bereits eine Krankheitsgefahr. Fünf Prozent weniger Wasser im Körper könne bei älteren Menschen bereits zu schwerer Verwirrtheit führen, zehn Prozent Flüssigkeitsverlust mit einer lebensbedrohlichen Situation einhergehen.

Dass der Körper zu 75 Prozent aus Wasser besteht, hat seinen Grund. Die Zellen und alle physiologischen Vorgänge im Körper sind auf dieses Lebenselixier angewiesen: „Wasser reguliert den Blutdruck, den Bluttransport, nimmt Einfluss auf den Kreislauf, den Abtransport von Giftstoffen und den Weitertransport von Medikamenten“, so der Chefarzt des Geriatrie-Zentrums Würzburg im Bürgerspital. Wasser liefert zudem Zellenergie, sorgt dafür, dass die Gelenke gelenkig bleiben und die Bandscheiben möglichst keinen Vorfall erleiden. Und frappant: Wassermangel kann sich auch auf der Gefühlsebene auswirken. Müde, reizbar, depressiv, aufbrausend oder ängstlich könnten Folgen eines „Notprogramms“ sein, in das der Körper bei der Wasserverteilung infolge eines ungenügenden Angebots schaltet. Die Diagnose einer Dehydration erfordere von Ärzt:innen detektivisches Geschick, sagt Dr. Schwab, da es keine eindeutigen Laborparameter dafür gebe und die Symptome unspezifisch seien, sprich auch auf andere Erkrankungen hindeuten könnten. Um eine Manifestation einer Dehydration und den Übergang zu einem krankhaften Wassermangel, einer Eksikkose, zu vermeiden, rät der Geriater allen älteren Menschen, die zu wenig trinken, sich beispielsweise einen Trinkplan zu erstellen. Oder gleich am Morgen etwa eine Kanne Tee und eine Flasche Wasser hinzustellen, die am Abend leer getrunken sein müssen. Rund einen Liter Flüssigkeit nehme man täglich über die Nahrung auf. Einer bis eineinhalb Liter sollten mindestens zusätzlich noch getrunken werden – vor allem im Alter.

Die empfohlene tägliche Zufuhr von Wasser beträgt 30 Milliliter pro Körpergewicht (inklusive der Flüssigkeit aus der Nahrung). Nur bei schweren Nieren-, Leber- oder Herzerkrankungen solle in Absprache mit dem:der behandelnden Ärzt:in in Einzelfällen von der Empfehlung abgewichen werden, so der Mediziner. „So wie wir jeden Morgen in den Spiegel gucken, sollten wir auch unseren inneren Körperspiegel täglich im Blick haben“, mahnt Dr. Schwab. Denn Wasser ist Leben! Oder um es mit den Worten des deutschen Dichters Johann Wolfgang Goethes zu sagen: „Alles ist aus dem Wasser entsprungen! Alles wird durch das Wasser erhalten.“

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