Die Renaissance der Hofläden

Trotz Inflation stehen bewusstes Einkaufen und Leben hoch im Kurs

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Hofläden stehen immer noch hoch im Kurs. Durch die Corona-Krise erlebten sie nachgerade einen Boom. Das bestätigt Julius Schmitt, der einen Hofladen in Höchberg betreibt. „Die Menschen kaufen viel bewusster ein, sie schauen darauf, wo ein Produkt herkommt“, sagt der gelernte KFZ-Mechatroniker, der aus einer Landwirtsfamilie stammt. Vor allem über die Hühner wollen seine Kund:innen viel wissen. Wie werden sie gehalten? Wie geht es ihnen auf dem Hof? Insgesamt 800 Hühner hält Julius Schmitt. 600 leben im stationären, 200 in einem vor Kurzem angeschafften mobilen Hühnerstall: „Der wird alle paar Wochen umgestellt.“ Wen es interessiert, dem zeigt Schmitt, wie seine Hühner gehalten werden. Interessierte erfahren, dass die Tiere eine Menge Auslauf haben. Und dass es ihnen gut geht. Schmitts Kund:innen nehmen die Eier danach mit umso besserem Gewissen mit nach Hause. Die Schmitts stellen außerdem Nudeln selbst her, sie bieten Säfte und Fruchtaufstriche aus Pfirsich, Zwetschge, Kirsche, Apfel, Erdbeere und Mirabelle an. Käse gibt es von der Hofkäserei Zehner aus Oberschwarzach.

Pro Natur & Umwelt
„Immer mehr Menschen möchten wissen, woher ihre Lebensmittel kommen“, bestätigt Bioland-Gärtner Sebastian Niedermaier aus Bamberg. Der Gemüsebaumeister bietet in seinem Hofladen frisch geerntete Auberginen, Brokkoli, Fenchel, Karotten, Tomaten, Salate, Gurken und vieles mehr an – seit 2010 in Bio-Qualität. Frequentiert wird sein Hofladen von Menschen, die bewusst einkaufen. Manche verzichten auf Dinge, die sie nicht ganz so dringend brauchen, und akzeptierten die höheren Preise für Bio-Lebensmittel trotz keineswegs üppig gefüllter Geldbeutel, weil ihnen der Schutz von Natur und Umwelt wichtig ist. „Sich über einen Hofladen direkt mit den Kund:innen austauschen zu können, bietet riesige Vorteile“, sagt Niedermaier. Ergänzt werden könnte dies durch einen Automaten, an dem sich die Kund:innen dann, wenn der Hofladen geschlossen ist, selbst frisches Gemüse ziehen. „Das ist eine charmante Möglichkeit, wir allerdings haben bisher noch keine Kapazitäten gehabt, um eine solche Idee zu realisieren“, so der Biobauer.

Frische & Erlebnis
Ingo Reinhart betreibt seit 1985 einen Hofladen in Rauhenebrach-Obersteinbach, der vorwiegend in der Spargelzeit geöffnet ist: „In den letzten 35 Jahren wuchs das Interesse daran stetig.“ Vor allem in den ersten beiden Corona-Jahren sei der Zulauf „überragend“ gewesen. „Es war ja alles dicht, man konnte nichts machen, und irgendetwas wollten die Leute erleben.“ So kamen viele erstmals auf die Idee, einen Ausflug zum regionalen Bauern zu machen. Reinhart ist in der Region für seinen Spargel bekannt. Geschätzt werden außerdem seine Erdbeerprodukte: „Wir bieten Erdbeerlimonade, Erdbeersecco, Erdbeersirup und Erdbeeressig an.“ Aus eigenen Erdbeeren entstehen außerdem Marmeladen und Liköre. Die Kund:innen berichten, dass sie all dies deshalb kaufen, weil die Produkte garantiert keine Farb- oder Aromastoffe enthalten.

Boom trotz Inflation
Rosi Kuhn vom „Biohof Kuhn“ in Oerlenbach bei Bad Kissingen ist weithin für ihren Ziegenkäse bekannt. Aktuell, sagt die Bio- und Erlebnisbäuerin, merke man, dass viele Leute „vorsichtiger einkaufen“: „Insgesamt kann ich mich zwar nicht beschweren, was den Absatz unserer Produkte anbelangt, aber es gab Zeiten mit deutlich besserem Umsatz.“ Bislang produzierte Kuhn in ihrer Hofkäserei nur Camembert Natur: „Kürzlich begann ich, Camembert mit Kräutern zu machen.“ Das werde gut angenommen: „Die Kund:innen freuen sich, dass sie nun wählen können.“ „Inzwischen merkt man, dass die Menschen durch alle Schichten weniger Geld in der Tasche haben“, bestätigt Naturland-Bauer Benedikt Karg aus Kronungen bei Schweinfurt die Beobachtungen seiner Kollegin Rosi Kuhn. Zu Beginn der Corona-Krise boomte auch Kargs Hofladen, wo ausschließlich Bio-Waren aus der Region angeboten werden: „Im Vergleich zu Zeiten vor der Krise wuchs unser Umsatz um 30 bis 40 Prozent.“ Kund:innen, die er bis dahin noch nie gesehen hatte, kamen zu ihm, um Bio-Eier einzukaufen, obwohl die in seinem Hofladen deutlich teurer sind als im Discounter. Preissenkungen seien nicht möglich: „Unsere eigenen Produktionskosten sowie die Großhandelspreise im Bio-Sektor steigen in rasantem Tempo.“ Seit Jahresbeginn seien die Ausgaben für viele Produkte um etwa 20 Prozent nach oben geschnellt.

Für seine Kund:innen, so Karg, sei es aktuell vor allem wichtig, die Kosten für Energie und Mobilität zu berappen. Erst danach greife man für Bio-Produkte tiefer in die Tasche. Der Biobauer beschwert sich dennoch nicht: „Wir sind nun wieder auf dem Niveau von vor der Corona-Krise, aber das war ja auch schon nicht schlecht.“ Am stärksten nachgefragt werden in seinem Hofladen aktuell Obst, Gemüse und Eier: „Aber erstaunlicherweise auch Bio-Mehl, obwohl Mehl inzwischen wirklich teuer ist.“ Etwas nachgelassen habe die Nachfrage nach Biofleisch: „Trotzdem wir unser Angebot ausgeweitet haben.“ Hier spüre man am deutlichsten, dass auf den Preis geschaut wird: „Während ein Grillhähnchen im Discounter fünf Euro kostet, müssen wir 30 Euro verlangen.“

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