Die Liebeszauberpflanze

Kräuterwissen aus Mönchsondheim: was der Liebstöckel alles kann

0

Liebstöckel, auch bekannt als Maggikraut, umranken viele Mythen. Roswitha Dorsch, Museumsführerin und Kräuterexpertin im Freilandmuseum Kirchenburg in Mönchsondheim, weiß um seine Geschichte und seinen Einsatz. „Liebstöckel enthält ätherische Öle, Bitterstoffe, Cumarine und Furocumarine, Phenolcarbonsäuren und Harze“, so die Fachfrau.

Bereits 1532, erklärt sie, schrieb der Arzt und Botaniker Otto Brunfels in seinem Kräuterbuch: „Liebstöckel/das sein wasser/weiß und lieblich machet des Menschen haut.“ Ursprünglich, so klärt Dorsch auf, stamme die Pflanze aus dem Iran. „Der Name Liebstöckel ist aus dem mittellateinischen libisticum entstanden. Die Verwendung im Liebeszauber lässt sich darauf zurückführen.“ Aus der Wurzel habe man Liebestränke gebraut und „Mädchen trugen das Kraut unter dem Mieder, um den Liebsten an sich zu binden.“ Vielfach gehörte er auch zu den an Maria Himmelfahrt geweihten Kräutern. „Zum Schutz der Ernte machte man am Abend der Johannisnacht mit Liebstöckel-Öl an jeder Ecke des Feldes drei Kreuze. Doch ganz besonders half Liebstöckel, wenn das Vieh verzaubert und die Milch verhext war“, berichtet die Kräuterexpertin vom damaligen Glauben.

Und dem nicht genug: „Man buk ihn in Brot ein und gab ihn den Kühen zu fressen oder ließ das Vieh daran lecken.“ Daneben war der Liebstöckel auch in der traditionellen Medizin eine geschätzte Heilpflanze. Dorsch verweist auf Tabernaemontanus. Der Professor für Medizin und Botanik schrieb im 16. Jahrhundert: „Es werden Kraut/Wurtzel und Saamen heutiges Tags in der Artzney gebraucht.“ Er empfahl den Liebstöckel unter anderem wider die Pestilenz, aber auch bei Lungenleiden, zur Stärkung des Magens, zur Kräftigung des Herzens, beim Biss von Hunden oder giftiger Schlangen, zur Reinigung von Nieren und Blasen, gegen Gelbsucht und Leberleiden. Als Frauenkraut sollte der Liebstöckel die „verstandne Monatsblum“ (Menstruation) wiederbringen und Gebärmutterleiden lindern. Im Wochenbett sollte man „Wurzel, Kraut und Samen fleißig in der Speise genießen“, um die Gebärmutter zu reinigen. „Bei Halsentzündung trank man warme Milch durch den röhrenförmigen Stängel des Liebstöckels“, ergänzt Roswitha Dorsch, die außerdem auf seine krampflösende Wirkung auf die glatte Muskulatur sowie seine harn- und blähungstreibende Wirkung verweist. Allerdings sollte er Dorsch zufolge nicht bei Ödemen infolge eingeschränkter Herz- oder Nierentätigkeit, bei akut entzündlichen Erkrankungen des Nierenparenchyms und in der Schwangerschaft angewendet werden. Und was hat es nun mit dem Namen Maggikraut auf sich?

„Der Schweizer Julius Maggi erfand 1886 eine Suppenwürze, die als ‚Maggi’s Suppen-Würze‘ bekannt wurde.“ Da der Geschmack der Würze an Liebstöckel erinnere, werde die Pflanze im Volksmund oft als „Maggikraut“ bezeichnet. Allerdings sei das Kraut niemals bei der Herstellung von „Maggi Suppen-Würze“ benutzt worden. In der Küche kommt Liebstöckel aber dennoch zum Einsatz: „Junge, zarte Blätter eignen sich gut zum Würzen von Suppen, Eintöpfen, Soßen und Fleisch. Sie sollten wegen ihrer Intensität aber sparsam verwendet werden.“

Quellen:
Bächtold – Stäubli, Hanns: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Augsburg: Weltbild 2005,
Brunfels, Otto: Contrafayt Kreüterbuch 1532. München: Kölbl Reprint 1964,
Bühring, Ursel: Praxis – Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde. Stuttgart: Sonntag – Verlag 2005,
Kreuter, Marie – Luise: Mein Kräuterbuch. München: BLV Buchverlag 2012,
Scherf, Gertrud: Zauberpflanzen Hexenkräuter. BLV Buchverlag München 2002,
Seligmann, Siegfried: Die magischen Heil- und Schutzmittel aus der belebten Natur. Das Pflanzenreich. Berlin: Reimer 1996, Tabernaemontanus, Jacobus Theodorus: Kreuterbuch, Ausgabe von 1731. München: Kölbl Reprint 1970

Share.