Eigentlich mag man nicht gerne über ihn sprechen und ihn untersuchen lassen schon gleich gar nicht.
Doch im Grunde gebührt diesem Organ „mit seiner direkten Verbindung zur Außenwelt“ viel mehr Beachtung.
Generell wird zwischen Dünn- und Dickdarm unterschieden. Ersterer ist mit seinen vielen Zotten für die Resorption der Nährstoffe zuständig, die ins Blutsystem transportiert werden. Letzterer sorgt für die Festigkeit des Stuhls und kommt unter anderem dann ins Spiel, wenn von Krebs die Rede ist.
„Der Darm ist ein sehr individuelles Organ“, erklärt Professor Dr. Jörg Pelz, Leiter der Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie im Klinikum Main-Spessart.
Es gebe Patienten mit vier Meter langem Dünndarm, andere verfügten nur über zwei Meter. Der Dickdarm hingegen variiere nur zwischen 80 Zentimetern und eineinhalb Metern.
„Die Peristaltik (Muskelaktivität) des Dünndarms ist dafür verantwortlich, dass er flexibel ist und so den Nahrungsbrei vorwärts bringt“, sagt Dr. Pelz.
Die Position des Dickdarms entspräche hingegen eher der eines fixen Bilderrahmens. Aufgrund verschiedener Krankheiten können Patienten jedoch ein Stück einbüßen. Je nach Ausmaß gestalten sich später die Beeinträchtigungen.
„Eine komplette Dickdarm-Entfernung ist durchaus mit dem Leben vereinbar“, so der Mediziner.
Folgen seien allerdings vermehrt Durchfälle, weil die eindickende Wirkung nun fehle. Beim Dünndarm sei das anders.
Circa eineinhalb bis zwei Meter müssen mindestens übrig bleiben. Andernfalls sei die
Nährstoff-Resorption nicht mehr gewährleistet. Die Folge: Mangelernährung.
„Auf Dauer ist das mit dem Leben nicht vereinbar.“ Das Phänomen eines „beleidigten Darms“ nach einer Operation kennt der Chirurg gut.
Normalerweise besitzt dieser eine gewisse Motorik und walzt den Speisebrei wie ein Wurm durch
den Körper.
Im Zuge einer OP kann diese Beweglichkeit gestört werden. Verstopfungen, bis hin zum Darmverschluss sind die Folgen. „Es ist wie ein Stau auf der Autobahn, es geht einfach nicht mehr weiter“, veranschaulicht Professor Pelz die Situation.
Vorangebracht werden könne der Darm mit Medikamenten. Auch Bewegung und Kaffee helfe bei vielen Patienten. Meistens reguliere sich das nach einigen Tagen von allein. Warum das bei einigen Patienten auftritt, ist nicht vollständig geklärt.
Geklärt ist jedoch das Thema Immunsystem. Anders, als landläufig kommuniziert, sitzt das nicht vollständig im Darm, sondern nur zum Teil. Der Grund: Hier gehen viele Lymphknoten und Lymphbahnen entlang.
Zudem sind viele immunologische Zellen vorhanden. Deshalb gebe es auch viele der so genannten
chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa, so Pelz weiter.
Nicht ganz so einfach ist die Sache beim so genannten Reiz-Darm-Syndrom.
„Davon wird immer dann gesprochen, wenn es sich um Symptome diverser Darmerkrankungen handelt, die nicht immer gut fassbar sind. Viele Patienten werden damit alleine gelassen. Laufen von Arzt zu Arzt. Es wird oft unterschätzt“, so der Fachmann.
Das Spektrum reiche von Allergien bis hin zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Medikamentös oder gar operativ sei das nur schwer zu behandeln.
Gefragt seien hier Verhaltensmaßnahmen, wie Stressreduktion oder Ernährungsumstellung. Richtig zu fassen bekäme man aber das Thema Krebs und seine Vorstufen, sagt Pelz.
Prophylaxe in Form einer Spiegelung des Dickdarms sei hier das A und O. Immerhin entstehe das Gros der Darmkrebserkrankungen aus vormals gutartigen Polypen. Würden diese Vorstufen früh entfernt, könne man den Krebs in den allermeisten Fällen sogar verhindern.
Entsprechend empfehlen auch die Krankenkassen eine solche Inspektion etwa ab dem 50 bzw. 55. Lebensjahr.
„Das gilt jedoch nur, wenn keine Risikofaktoren vorliegen“, mahnt Pelz. Gebe es etwa eine genetische Disposition, bestimmte Vorerkrankungen des Darms oder seien Polypen bekannt, sei der Gang zum Arzt früher angezeigt.
In Deutschland ist Darmkrebs die dritthäufigste Tumorerkrankung, belegen die Zahlen für 2014 des Zentrums für Krebsregisterdaten im Robert-Koch-Institut.
Pro Jahr gibt es rund 75.000 Neuerkrankungen. Leider, sterben daran die Hälfte der Patienten“, fasst Dr. Pelz die Statistik zusammen.
Würde jeder regelmäßig zur Vorsorge gehen, könne man die Todeszahlen deutlich reduzieren.