Den Unterschied machen

Dr. Birgitta Bauer: Gynäkologin in Vunapope (Papua-Neuguinea) und in Würzburg

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Dr. Birgitta Bauer freut sich über die Entscheidung
einer Kreißsaal-Erweiterung in der Missioklinik mit einem neuen Operationssaal speziell für Kaiserschnitte.
Bisher komme es mit über 2.000 Geburten im Jahr immer wieder zu Überschneidungen und Dispo-
Problemen, da neuankommende Erdenbürger das OP-Programm auch anderer Abteilungen durcheinander wirbelten, so Dr. Bauer. Foto: ©Inline Internet & Werbeagentur

Eigentlich sollte es „nur“ ein Artikel über das Berufsbild „Gynäkologin“ werden, als ich mich mit Dr. Birgitta Bauer, seit neun Jahren Oberärztin in der Gynäkologie, in der Missioklinik (Klinikum Würzburg Mitte) traf, aber es wurde so viel mehr …

Eine Geschichte über Arbeiten in Papua-Neuguinea und Würzburg, eine kluge Großmutter und eine beeindruckende Frau.

„Die Entscheidung für meinen Beruf fiel bei mir schon früh, als ich in der Schule ein Referat über ‚Medizin in Entwicklungsländern‘ hielt“, erzählt die 54-jährige. Da habe sie von Krankheiten wie Bilharziose (durch Parasiten verbreitete Infektionskrankheit) erfahren, was sie unheimlich faszinierte, so die empathische Ärztin.

„Der Gedanke, später einmal in die Entwicklungshilfe zu gehen, begleitete mich mein ganzes Studium über“, so Birgitta Bauer. Ein Studienjahr in England wegen der Sprache, Famulaturen (medizinische Praktika) in Irland und Namibia, ihre Doktorarbeit in der Tropenmedizin im Missio – damals bei Professor Fleischer – alles habe sich auf das Ärztin-sein im Ausland ausgerichtet. Aber fertig mit dem Studium, arbeitete die Oberfränkin zunächst in der Chirurgie im Bamberger Klinikum, wo sie sich Techniken aneignete, die ihr später zugute kommen sollten.

Danach wechselte sie in die Abteilung „Gynäkologie“ in Bamberg, wo sie sich bis zur Oberärztin hocharbeitete.

Bis ans Ende der Welt

Und dann kam der Schnitt … Sie bewarb sich bei einer katholischen Entwicklungshilfe-Organisation und kündigte die Festanstellung.

Durch ihren Doktorvater Professor Fleischer ergab sich eine Stelle im Missionskrankenhaus St. Mary‘s Hospital in Vunapope (Papua-Neuguinea): „Ich musste erst einmal im Atlas nachschauen, wo Papua-Neuguinea überhaupt liegt, 1998 steckte das Internet noch in den Kinderschuhen“, erinnert sich Dr. Bauer lächelnd.

Nachdem sie wusste, dass sie ans andere Ende der Welt aufbrechen würde, auf die zweitgrößte Insel der Erde in der Nähe von Australien, belegte sie einen sechsmonatigen Vorbereitungskurs und im Januar 1999 ging es los – erst einmal für drei Jahre, aus denen sechs wurden.

Foto: Privat, Dr. Bauer

Im Missionskrankenhaus, mit einem Einzugsbereich von rund 300 Kilometern, war sie mit rund 100 Schwestern aber mit nur einem Internisten, einem Kinderarzt und einem Chirurgen zuständig für 200 Betten. „In der Nacht war nur ein Arzt im Dienst, der dann von Schnittwunden über Infektionen, Asthmaanfälle und Geburten alles betreuen durfte“, erzählt die Weltenbummlerin.

„Bei Komplikationen holten wir natürlich auch die Kollegen aus den anderen Fachrichtungen aus dem Bett.“ In Vunapope, einem Ortsteil von Kokopo, war sie angekommen in ihrem Beruf, vor allem mit dem Gefühl, einen Unterschied machen zu können: „Wenn ich im St. Mary‘s Hospital vor Ort war, bekamen die Menschen fachgerechte Hilfe, wenn nicht, dann nicht!“ Sie konnte durch ihre bloße Anwesenheit als Gynäkologin dort den Unterschied machen, ob Gebärmutterhalskrebs bei Frauen behandelt werden konnte oder Babys gesund auf die Welt kamen.

Tue immer dein Bestes!

„Zurück in Deutschland 2005 war das auch mein größtes Problem. Ich hatte das Gefühl, es macht keinen Unterschied, ob ich da war oder nicht“, so die Herzblut-Medizinerin. In Papua-Neuguinea habe es keinen Kollegen aus dem Nachbarort gegeben, der schnell einspringen konnte, wenn sie fehlte.

Hier in Deutschland war sie eine von Vielen. Sie fühlte sich überflüssig als sie nach sechs Jahren St. Mary‘s Hospital/Vunapope im Missio/Würzburg wiedereinstieg in den Klinik-Betrieb der westlichen Welt. Ein Gespräch mit einer klugen Frau habe ihr sehr geholfen in dieser Situation, sagt die Ärztin, die im Jahr für mittlerweile 2.000 Geburten in der Missioklinik mit verantwortlich ist.

Die damals 92-jährige Großmutter sagte zu Enkelin Birgitta folgenden Satz über den Sinn des Lebens: „Tue einfach immer dein Bestes an dem Ort, wo Gott dich hingestellt hat!“ Nicht nur aus Respekt vor der Weisheit des Alters, habe sie den Ratschlag beherzigt … „und gemerkt, dass es auch hier Menschen gibt, bei denen ich den Unterschied mache, denen ich mit meiner Art, Ärztin zu sein, helfen kann“.

Und die Blicke, der Händedruck, das Lächeln oder eine Umarmung dankbarer Patientinnen fühlen sich in Würzburg genauso an wie in Vunapope! Man dürfe nicht glauben, dass man als Mediziner die Welt verändern könne, weder dort noch hier, konstatiert Dr. Bauer.

„Aber ich kann da, wo ich gerade bin, die kleine Welt eines Menschen, den ich behandle, ein Stück besser machen, indem ich als Ärztin mein Bestes gebe!“

Das Interview mit der Oberärztin der gynäkologischen Abteilung in der Missioklinik,
Dr. Brigitta Bauer, führte Lebenslinie-Chefredakteurin Susanna Khoury.

Was gehört zum Fach?
Ein großer Teil der Gynäkologie beziehe sich auf Geburtshilfe, sprich die Betreuung der Frau vor, während und nach der Geburt, erläutert Dr. Bauer das Portfolio des Berufsbildes. Darüber hinaus kümmern sich Gynäkologen aber auch um gut- und bösartige Veränderungen an den weiblichen Organen, wie Zysten und Myome oder etwa Krebsvorstufen am Gebärmutterhals oder Krebs an den Eierstöcken und Gebärmutter. Das erfordere dann chirurgische Kompetenzen, da die Wucherungen oftmals entfernt werden müssen. Neben der onkologischen Betreuung von Patientinnen mit Eierstock- oder Gebärmutterkrebs gehöre in Deutschland, als einem der wenigen Länder der Welt, auch Brustkrebs in das Ressort des Gynäkologen. In der Missioklinik ist auch ein Brustzentrum angegliedert. Zudem kämen angesichts der Altersstruktur der Bevölkerung immer mehr uro-gynäkologische Probleme wie Senkungsbeschwerden oder Inkontinenz auf die Gynäkologen zu.   

www.kwm-missioklinik.de

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