Den Globus auf der Zunge

Sensorik-Fachmann Peter Wendel gibt Einblick in die Welt des guten Geschmacks

0

Peter Wendel muss mit geschärften Sinnen zu Werke gehen. Die Rohstoffe werden mit heißem Wasser aufgegossen und dann schlürfend verkostet. Selbst, wenn es, wie etwa beim Knoblauch, schon etwas unangenehm werden könne. Foto: Kräuter Mix GmbH

Sorgfältig wird das kleine Gläschen in Augenschein genommen, vorsichtig der Verschluss geöffnet und etwas von der Mischung in eine Schale gegeben. Sanft gleiten seine Finger durch fein zermahlene Kräuter. Nach dem prüfenden Blick ist der Geruchssinn gefragt. Auch das Probieren in verschiedenen Konsistenzen darf nicht fehlen.

Peter Wendel, Chef des Sensorik-Labors bei Kräuter Mix in Abtswind, nimmt die Aufgabe der Lebenslinie-Redaktion sehr ernst. Danach gefragt, ob er die einzelnen Komponenten einer mitgebrachten Kräutermischung erschmecken könne, folgte die Profi-Analyse.

„Alle Sinne sind hoch konzentriert“, erklärt der Fachmann, die tägliche Herangehensweise. Und er erkennt von Petersilie über Knoblauch bis Paprika nicht wenige Zutaten der Mixtur. Fremde Produkte, die analysiert werden sollen, kommen vor, sind aber eher die Ausnahme.

Das Gros der Sensorik-Arbeit besteht in der Qualitätskontrolle der über 600 verschiedenen Produkte, die das Unternehmen vertreibt. Ganz gleich, ob es Tee, Gewürz, Trockengemüse respektive -obst oder Küchenkräuter sind, alle müssen die Sinne von Peter Wendel passieren. Dass das Ganze alles andere als ein subjektives Unterfangen ist, erläutert die Deutsche Gesellschaft für Sensorik¹: „Sensorik beschäftigt sich mit Wahrnehmung, Beschreibung und Bewertung von Produkteigenschaften mit den Sinnesorganen, das heißt, den visuell (‘sehend‘), olfaktorisch (‘riechend‘), gustatorisch (‘schmeckend‘), taktil (‘tastend‘) und auditiv (‘hörend‘) wahrgenommenen Eindrücken.“

Die sensorische Beurteilung von Produkten sei eine wissenschaftliche Disziplin auf Basis experimentellen Designs und statistischer Auswertung, die mittels einer Gruppe von Testpersonen repräsentative Ergebnisse über die Wahrnehmung und Eigenschaften eines Produktes erhebe: Die Menschen selbst werden hier zum wichtigsten Messinstrument.

In Abtswind stufen sie Produkte und deren Verwendung ein und entwickeln neue Mixturen wie zum Beispiel Kräutertee-Mischungen. Wendel und sein Team, so könnte man sagen, haben den Globus direkt im Blick, in der Nase und auf der Zunge. Denn die im Landkreis Kitzingen angelieferten Rohstoffe stammen aus 70 Ländern weltweit. Im mittelständischen Betrieb werden sie dann gereinigt, geschnitten, gemahlen, keimreduziert und für die verschiedenen Bedürfnisse gemischt.

Gut harmonieren würden laut dem Sensorik-Experten süßlich-milde Mischungen mit Vanille. Letztere gehe auf keinen Fall mit sauren Komponenten. Und was ist besonders beliebt?

„Die Deutschen lieben Kräuter- und Früchtetees“, gibt der Fachverband Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee (WKF) Auskunft². 2017 hätten die Deutschen 16,4 Milliarden Tassen Kräuter- und Früchtetee getrunken. Dabei steige auch der Griff zur Natürlichkeit, wie sie in Abtswind propagiert wird. Die Nachfrage nach nicht aromatisierten Mischungen sei auf 19,2 Prozent gestiegen.

Profunde Zahlen liefert auch der Fachverband der Gewürzindustrie e.V.³ Diesem zufolge stünde bei den Gewürzimporten 2016 der ganze Pfeffer mit 21,8 Prozent ganz oben auf der Liste. Ihm folgen gemahlene Paprika (12,9 Prozent) und Ingwer (16,6 Prozent).

Quellen:
¹https://www.dgsens.de/erklaerung-definition.html,
²http://www.wkf.de/de/presse/marktdaten/daten-und-fakten-zum-verbrauch-2017,
³https://www.gewuerzindustrie.de/index-gewuerzindustrie.html/presse-statistik-gewuerze/marktentwicklung,
⁴http://www.wkf.de/de/kraeuter-fruechte/warenkunde/tipps-zur-aufbewahrung-von-kraeuter-und-fruechtetee

Share.