Broken-Heart-Syndrom

Von Herzschmerz und Herzeleid – Medizin trifft Literatur bei einem Vortrag im Welz-Haus in der Klinikstraße in Würzburg

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Einen spannenden Einblick in die Welt der Herzmedizin und der Literatur gaben Professor Christiane Angermann und Professor Wolfgang Riedel auf Einladung des SCIAS (Siebold-Collegium Institute for Advanced Studies der Universität Würzburg) in Würzburg. Foto: Matthias Ernst

Mit ihrem Spezialgebiet, dem Zusammenspiel von Herz und Seele, ist Professor Dr. Christiane Angermann geradezu prädestiniert, über „gebrochene Herzen“ zu sprechen. Die Würzburger Lehrbeauftragte am deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz stellte ihren Vortrag unter das Thema: „Wie eine Kardiologin versucht, Gefühl und Seele zu verstehen“.

Vor allem Selbsttötungen wurden bei ihrem Vortrag beleuchtet. Nach Angermanns Aussage bringen sich weltweit mehr Männer als Frauen um. Bei den versuchten Selbstmorden sei es genau umgekehrt. „Es ist Suizid und Depression unter uns“, lenkte sie den Blick weiter. Das als „Broken-Heart-Syndrom“ bekannte Krankheitsbild gelte es besonders zu beleuchten.

Auffällig sei, dass bei 70 Prozent aller Herzinfarktpatienten Depressionen auftreten. Dies lasse sich mit Hormonen und Botenstoffen medizinisch erklären, aber viel wichtiger sei die emotionale Forschung. Der Stress durch das Bewusstsein des Infarkts könne bei Patienten auch Depressionen auslösen. Ihre Erkenntnis nach mehreren Forschungsjahren: Negative Emotionen können herzkrank machen.

Das Zusammenspiel von Seele und Körper muss noch weiter untersucht werden, schloss sie ihren Teil des Vortrages, bevor der Altphilologe Professor Dr. Manfred Erler berichtete, dass im altgriechischen Denken die Seele in allen Körperteilen beheimatet war. Er leitete damit zu Professor Dr. Wolfgang Riedel über, der das gebrochene Herz aus Sicht der Literatur beleuchtete. Riedel bediente sich der klassischen Literatur von Schiller, Goethe, Fontane und Thomas Mann.

Vor allem Friedrich Schiller mit seiner medizinischen Ausbildung habe viel zur Dramatik des „Influxus animae“ beigetragen. Als Paradebeispiel gelte Goethes „Die Wahlbekanntschaften“ , so der Professor. Der Tod aufgrund von Herzschmerz wird hier besonders fein dargestellt, werden doch zwei Ehepaare beschrieben, die nacheinander sterben, weil sie zu spät erkennen, dass sie sich lieben. Die Geschichte der „Effi Briest“ nannte Riedel sogar einen „Suizid-Roman“.

Eine vollkommen neue Sichtweise lieferte der Literaturkenner auf den Romanhelden Aschenbach in Thomas Manns Novelle „Tod in Venedig“. Der sei nämlich nicht an der Cholera gestorben, wie vielfach in der Literatur beschrieben, sondern an Herzschmerz wegen seiner unerfüllten „Liebe zu einem Jüngling“. Damit sei Aschenbach ein typisches Beispiel für das „Broken-Heart-Syndrom“, das in der Literatur häufig als Stilmittel verwendet werde.

Die Ambivalenz von Herzschmerz und Todessehnsucht findet sich also nicht nur im Leben, sondern auch in der Literatur. Wie man die Krankheit behandeln kann, ist noch unerforscht.

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