Biodiversität und Pandemien

Würzburger Biologin mahnt, Arten besser zu schützen, damit nicht gleich die nächste Pandemie anrollt

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Artenschutz und Pandemieprävention, das ist für Dr. Frauke Fischer klar, hängen eng miteinander zusammen. „An der Corona-Pandemie sieht man dies drastisch“, so die Würzburger Tropenbiologin. Das Risiko, dass Erreger von Tieren auf Menschen übertragen werden, steige, je mehr der Mensch in Ökosysteme eingreife. Denn dadurch werden Barrieren zwischen Erregern und dem Menschen abgebaut. Werde noch mehr Natur zerstört, warnt Dr. Fischer, könnte es zu weiteren Pandemien kommen. Diese Erkenntnis bedeutet für Fischer eine klare Absage an intensive Landwirtschaft, die auf Massentierhaltung setzt. „Wir brauchen stattdessen eine Landwirtschaft, bei der Bauern für den Schutz von Biodiversität, für den Erhalt alter Haustierrassen und für fruchtbare Böden bezahlt werden“, appelliert die Forscherin.

Völlig absurd seien in Augen der Biologin die Fleischpreise: „Es darf nicht sein, dass Gemüse aus dem Bioladen teurer ist als Fleisch aus dem Discounter.“ Gerade für Billigfleisch werde Biodiversität zerstört: „Und zwar für Sojafutter, das auf Regenwaldflächen angebaut wird.“ Dass Erreger wie Salmonellen und sogar Chlamydien von Tieren auf den Menschen übertragen würden und zu schweren Krankheiten führten, sei kein neues Phänomen. Das Neue an der Corona-Pandemie sei, dass sich ein Erreger blitzschnell auf der ganzen Erde ausgebreitet hat. „Das liegt zum einen an der Globalisierung“, erläutert Fischer. Aber auch daran, dass es mit den Ökosystemen überall auf der Welt nicht mehr gut bestellt sei. Laut Fischer vom Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie der Uni Würzburg sei derzeit eine dramatische Abholzung des Amazonas-Regenwalds zu beobachten: „So heftig wie seit zehn Jahren nicht mehr.“ Zwischen Januar und Mai 2020 seien mehr als 2.000 Quadratkilometer Wald verloren gegangen. Damit „Corona“ nicht ein zweites Mal passiert, müsse sich die Art und Weise, wie wir wirtschaften, grundlegend ändern, so die promovierte Biologin. Hoffnung macht ihr der „Green Deal“ der Europäischen Union zur Wiederherstellung der Biodiversität und zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung.

Frauke Fischer selbst lebt nach der Devise: „Optimismus ist Pflicht!“ Auch wenn es nach wie vor sehr besorgniserregende, negative Entwicklungen gebe, etwa das Festhalten an der Ideologie des stetigen Wirtschaftswachstums, verzweifelt sie nicht. Ihre optimistische Haltung gebe ihr Kraft, sich aktiv für Umweltschutz und Biodiversität einzusetzen. Das tut sie seit 2015 im Kakao-Projekt „Perú puro“, das sie zusammen mit dem Würzburger Tropenökologen Arno Wielgoss gegründet hat. „In diesem Projekt schützen wir 900 Hektar Regenwald“, berichtet Fischer. Flächen, die von anderen Landwirten aufgegeben wurden, werden aufgeforstet. Der Kakao werde laut Fischer in beschatteten Agroforstsystemen gepflanzt, die den Aufbau des natürlichen Regenwalds imitieren: „Diese Mischkulturen beherbergen eine hohe Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten.“ Das Ökosystem befinde sich im Gleichgewicht. Warum dies so wichtig ist, formuliert Dr. Fischer auch in ihrem Buch „Was hat die Mücke je für uns getan?“ Das verfasste sie mit der Umweltwissenschaftlerin Dr. Hilke Oberhansberg. Es erschien im Oktober 2020 im oekom-Verlag.

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