Biodiversität auf dem Teller

Bio-Bäcker Ernst Köhler über alte Getreidesorten, die auch wegen ihrer gesundheitlichen Aspekte schützenswert sind

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„Das Getreide unserer Vorfahren liegt auch in Deutschland wieder im Trend“, schreibt Öko-Test¹ über Emmer. Er werde seit tausenden von Jahren angebaut und „zählt zu den ältesten Getreidesorten der Welt“. Im Orient sei er bereits vor etwa 10.000 Jahren kultiviert worden. Emmer zählt heutzutage zu den Urgetreide-Sorten. Doch was ist das? „Man könnte sagen, dass Urgetreide Vorgänger der modernen Getreidesorten sind“, erklärt der Würzburger Bio-Bäcker Ernst Köhler. „Es sind Getreide wie eben Emmer, Einkorn oder auch nicht rückgekreuzte Dinkelsorten, sozusagen ‚reine‘ Dinkelsorten, die nicht durch Züchtung mit Weizen rückgekreuzt worden sind.“ Im Laufe der Zeit seien die Urgetreide fast gänzlich auf den heimischen Äckern verschwunden. Gründe dafür seien „Ertragssteigerungen durch neue Züchtungen“. Doch der Inhaber der Vollkornbäckerei Köhler mahnt: „Im Sinne der Biodiversität ist es wichtig, dass wir diese alten Sorten erhalten.“ Dafür spreche seiner Ansicht nach unter anderem der Umstand, „dass alte Getreidesorten meist widerstandsfähiger zu sein scheinen, etwa bei extremen Wetterbedingungen und Pilzbefall“. Und Urgetreide scheint bekömmlicher … „Was die Wissenschaft lange vor Rätsel gestellt hat, war das Phänomen, dass Menschen mit Reizdarm-Syndrom oder Glutensensivität bis hin zur -Unverträglichkeit, Backwaren aus Urgetreide oft signifikant besser vertragen als andere Backwaren“, so Köhler.

Das habe dazu geführt, dass die Nachfrage nach Urgetreide in den letzten Jahren deutlich zugenommen habe. „Das Verwundernde dabei ist, dass Urgetreide oft mehr Proteine und Gluten aufweisen als der typische Brotweizen. Doch deren Zusammensetzung ist eine andere.“ Das bestätigt auch die Wissenschaft. Jüngst führte die Universität Hohenheim² den weltweit wohl größten Feldversuch zu dem Thema Urgetreide durch. Hier wurden rund 400 Sorten von Einkorn, Emmer und Dinkel auf den Forschungsfeldern bei Stuttgart angebaut. Das bisherige Fazit: „Urgetreide haben bei Anbau und Verarbeitung ihre Besonderheiten. Man muss wissen, wie sie zu handhaben sind. Doch die Mühe lohnt sich, denn Urgetreide sind erhaltenswerte Kostbarkeiten mit großem Potenzial“, so Prof. Dr. Friedrich Longin von der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim in Stuttgart.

Allerdings müsse der „Bäcker seine Rezepte und seine Backweise auf das veränderte Backverhalten des Urgetreide-Mehls anpassen“. Das bestätigt auch Ernst Köhler. Zum einen seien die Teige extrem maschinenunfreundlich, sodass viel Handarbeit und Erfahrung beim Brotbacken von Nöten sind. Zum anderen sei eine ausreichend lange Teigruhe dabei unumgänglich. „Der positive Vorteil der langzeitgeführten Teige ist, dass die Mineralien im Urgetreide dadurch besser vom Körper aufgenommen werden können. Denn die Mineralien liegen meist in gebundener Form vor.“

Quelle:
¹https://www.oekotest.de/essen-trinken/Emmer-Darum-ist-das-Urgetreide-so-gesund_11344_1.html,
²PM Detailansicht: Universität Hohenheim (uni-hohenheim.de)

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