Bewegung ist Leben!

Orthopädie-Schuhmachermeister Matthias Endres über bedarfsgerechte Versorgung nach Amputation bei diabetischem Fußsyndrom

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Katharina W.¹ landete, nachdem sich bei ihr eine kleine Wunde am Fuß entzündet hatte, im Krankenhaus. Wegen ihrer Vorerkrankungen, einem diabetischen Fußsyndrom, hervorgerufen durch ihre Zuckerkrankheit und einer Durchblutungsstörung vorwiegend der Extremitäten (periphere arterielle Verschlusskrankheit, paVK), schlug die in der Klinik verabreichte Antibiotika-Therapie nicht an. Und so musste ihr schlussendlich die Großzehe und ein Teil des Vorfußes amputiert werden. „Ich war immer mobil und selbstständig. Ich wollte so schnell wie möglich im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf die Füße kommen“, so die 74-Jährige.

©Schön & Endres, ©Susanna Khoury

Für Orthopädie-Schuhmachermeister Matthias Endres gehört die bedarfsgerechte Versorgung genau dieser Patienten zum Tagesgeschäft. Noch im Krankenhaus bekomme der Patient Besuch von einem seiner Mitarbeiter, um einen Verbandsschuh anzupassen, der bis zum vollständigen Verheilen der OP-Wunde getragen werden muss. Auch Katharina W. bekam so einen vollelastischen Behelfsschuh, den sie wegen schlechter Wundheilung, die ihrer Diabetes Typ 2 geschuldet war, nicht wie regelhaft vier bis sechs Wochen trug, sondern fast neun Monate. „Mit meiner Leidensgeschichte bekam ich sowohl den Verbandsschuh als auch die Straßenschuhe, ein Paar für den Winter und ein Paar für den Sommer, sowie ein Paar Hausschuhe vom Arzt verordnet“, so die Seniorin.

„An einem Paar handgefertigter Maßschuhe arbeitet ein Mitarbeiter eine Woche lang, jeden Tag acht Stunden“, berichtet Matthias Endres (51) von seinem aufwändigen Geschäft. Da der Schuh Funktionen übernehmen müsse, die normalerweise Muskeln oder Knochenskelett innehätten, komme der Maßschuh etwas „klobiger“ daher als ein Schuh von der Stange, so der Orthopädie-Schuhmachermeister in dritter Generation. Ein Maßschuh, der zwischen 800 und 2.000 Euro kosten kann, sei immer ein Unikat, individuell angepasst und gefertigt. Dennoch wünsche man sich einen solchen nur, wenn man ihn auch tatsächlich benötige, so Matthias Endres, Chef von Schön & Endres mit Hauptsitz in Würzburg, sechs Filialen in der Region und rund einhundert Mitarbeitern.

©Schön & Endres, ©Susanna Khoury

Auch wenn beide Opas, der Vater sowie der Bruder alle Orthopädie-Schuhmacher gewesen waren, habe er sich aus freien Stücken für diesen Beruf entschieden. Es wurde ihm nur die Flamme weitergegeben, die auch bei ihm das Feuer für diesen schönen medizinisch-technischen Handwerksberuf entfacht hat. „Das Arbeiten mit den unterschiedlichsten Materialien vom Holz der Leisten, die immer noch individuell von Hand für jeden Maßschuh gefertigt werden, bis hin zum Leder, aus dem die Schuhe gearbeitet sind, in Kombination mit neuester Technik wie Fußdruckmessung (Pedografie) und Bodyscannern, so zu arbeiten, das macht schon viel Freude“, erzählt der Schuhmachermeister aus Leidenschaft.

Katharina W. hat sich nach Vermessung, Gipsabdruck und Anprobe eines Probeschuhs, mehrmaliger Pedografie und Herumfeilen der Schön & Endres-Mannschaft am perfekten Sitz der einzelnen Paare inzwischen gut an ihre nun maßgefertigten Schuhe gewöhnt und möchte auch keine anderen Schuhe mehr tragen. „Die speziellen Einlagen gerade für ‚Diabetikerschuhe‘ leisten eine Druckumverteilung, sodass der ganze Fuß gleichmäßig belastet wird, nicht wie klassisch bei einer Fersen-Ballen-Belastung“, erklärt der Fußexperte.

Matthias Endres kümmert sich mit seinem Team von der Diabetiker-Einlage im Schuh über den orthopädischen Maßschuh bis zur Vollprothese bei Oberschenkel- oder Hüftamputation um die gesamte versorgungstechnische Gemengelage, damit Patienten nach einer OP schnell wieder mobil sind. Denn Bewegung ist Leben! Katharina W. ist auch wieder gut zu Fuß und passt auf, dass keine neuen Druckstellen an ihren Füßen entstehen. Zudem geht sie regelmäßig zur Fußdruckmessung, da sie als Begleiterscheinung der Diabetes eine Polyneuropathie (durch Nervenschädigung kein Schmerzempfinden) entwickelt hat und dadurch oftmals nicht sagen kann, wo der Schuh drückt!

Quelle:
¹Name von der Redaktion geändert

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