Das Kniegelenk hat viel zu tun. Es soll stützen, beugen und drehen. Ein gewisser Verschleiß ist nach geraumer Zeit normal. Wenn jedoch zum Beispiel eine Fehlstellung der Beine oder die Folgen einer früheren Verletzung dazu kommen, drohen chronische Knorpelschäden.
Ist der Knorpel abgerieben, wird der darunter liegende Knochen größerer Belastung ausgesetzt, die Gelenkschleimhaut entzündet sich.
„Der Knorpelschaden beginnt schleichend, ohne dass ich etwas merke. Treten Schmerzen auf, spricht man von Arthrose“, sagt Privatdozent Dr. Thomas Barthel, stellvertretender Ärztlicher Direktor am König-Ludwig-Haus in Würzburg.
Am häufigsten treten Schäden an Knie, Hüfte und Sprunggelenk auf als den am stärksten belasteten Gelenken. „Bewegung ist gut, Belastung nicht!“: Auf diese Formel strafft Barthel das Kernkonzept der konservativen Therapie.
Der Sportorthopäde empfiehlt wenig belastendende Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren und, um die Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten, Gymnastik oder Physiotherapie. Übergewichtige Patienten sollten Normalgewicht anstreben.
Falls Schmerzen auftreten, verschaffen entzündungshemmende Medikamente Linderung oder auch Injektionen ins Gelenk, die den Knorpelstoffwechsel unterstützen.
Greifen konservative Therapieansätze nicht mehr, steht in der Orthopädie heute eine ganze Palette operativer Maßnahmen zur Verfügung – von der Knochenmarkstimulierung über die Knorpel-Knochen-Transplantation bis zur Knorpelzell-Transplantation.
Welches Verfahren gewählt wird, hängt vom Schaden selbst, dem Alter des Patienten und seiner individuellen Situation ab. „Zielsetzung bei einem älteren Menschen ist der Erhalt der Mobilität unter gleichzeitiger Reduktion des Sturzrisikos“, sagt Barthel.
Doch hängen Knorpelschäden nicht immer mit Verschleiß zusammen. Bei traumatischen Schäden als Unfallfolge gerade bei jungen Patienten rät der Orthopäde zur frühen Operation, mit dem Ziel, den Schaden möglichst vollständig zu reparieren.
Die sogenannte Gelenkspiegelung, bis dato ein häufig angewandtes Verfahren auch zur Behandlung der Arthrose, stellt seit 2016 keine Leistung der Krankenkassen mehr dar, so nicht Begleiterscheinungen wie
etwa ein Meniskusschaden oder freie Gelenkkörper hinzukommen.
Bei dem Eingriff arbeitet der Mediziner über zwei, wenige Millimeter, kleine Schnitte. Über den einen schaut er via Kamera ins Gelenk über den anderen entfernt er abgelösten Knorpel und glättet sowie stabilisiert instabile Anteile.
Eine neuere, aber sehr teure Option bei großen Defekten bietet die autologe Knorpelzell-Transplantation. Dabei wird arthroskopisch eine winzige Probe intakter Knorpelmasse entnommen, in einem Speziallabor werden die Knorpelzellen dann vermehrt.
Das gelenkknorpelähnliche Gewebe wird transplantiert, Ersatzgewebe kann in den Folgemonaten im Defekt nachwachsen und reifen. „Zwar handelt es sich bei dem Verfahren um körpereigene Zellen, das Gerüst ist aber noch nicht so perfekt wie beim natürlichen Knorpel. Hier ist die Forschung weiter gefragt“, meint Dr. Barthel.
Ist die Arthrose weit fortgeschritten, bleibt häufig nur noch der Gelenkersatz, um Schmerzen längerfristig zu lindern. Die Lebensdauer eines künstlichen Kniegelenks liegt laut Barthel bei rund 15 Jahren.
Ein großer Eingriff, der oft gar nicht oder erst viel später nötig wäre: Der Sportorthopäde empfiehlt wärmstens, Risikofaktoren wie X- oder O-Beine frühzeitig zu behandeln, noch bevor anhaltende Schmerzen auftreten.