Bevor es zum Kollaps kommt

Der Gedanke „Nachhaltigkeit“ greift in Würzburg immer weiter um sich

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„Postwachstum-Papst“ Niko Paech warnt
davor weiterzuwachsen, ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt. Foto: Pat Christ

Mit Niko Paech war kürzlich eine der populärsten Figuren der „Postwachstumsszene“ in Würzburg.

Der Volkswirt, der im Augenblick an der Uni in Siegen lehrt, plädiert seit Jahren für eine radikale wirtschaftliche Wende.

Weiteres Wachstum, ist er überzeugt, wird früher oder später in die Katastrophe führen. Entweder, weil das Finanzsystem zusammenbricht. Oder weil es zum ökologischen Kollaps kommt.

Niko Paech kritisiert allerdings nicht nur den Zwang, ständig weiter zu wachsen. Genauso verurteilt er den wachsenden Konsum. Und zwar unabhängig davon, ob „bio“ oder „konventionell“ konsumiert wird.

Schön und gut, dass jemand konsequent ausschließlich fair gehandelten Kaffee oder Biolimonade trinkt. Er mag seine Wohnung sogar so energieeffizient gestaltet haben, dass kaum noch Energie verbraucht wird. Doch eine einzige Flugreise nach New York macht seine CO2-Bilanz futsch.

In Würzburg gibt es inzwischen viele Initiativen, die sich dem von Paech propagierten Nachhaltigkeitsgedanken verschrieben haben. Der Laden „Unverpackt“ gehört dazu. „Ich finde, nachhaltig ist alles, was wir nicht neu produzieren müssen“, sagt Inhaberin Susanne Waldmann. Deshalb gibt es bei ihr ein „Von Kunde zu Kunde“-Regal, in dem Gefäße neue Besitzer finden können.

„Zudem sind fast alle Waren in möglichst hochwertiger Bio-Qualität, um den Boden zu schonen und Ökosysteme wieder aufzubauen“, so Waldmann. Weiter achtet sie auf kurze Warenwege: „Das ist zwar noch nicht überall möglich. Aber die Zahl der regionalen Produkte wächst, was mich sehr freut.“

Mit kurzen Wegen kann Klaus Veeh vom Würzburger Partnerkaffee nicht aufwarten: Mehr als 10.000 Kilometer liegen zwischen Würzburg und Mbinga in Tansania, wo der fair gehandelte Partnerkaffee angebaut wird.

Klaus Veeh treibt den Gedanken „Nachhaltigkeit“ beim Würzburger Partnerkaffee voran. Foto: Pat Christ

„Einmal im Jahr müssen wir hinfliegen, um zu sehen, wie es den Menschen geht, die unseren Kaffee anbauen, und um Weiterentwicklungen zu diskutieren“, sagt der Geschäftsführer des Vereins „Würzburger Partnerkaffee“. Über die Initiative „Klimakollekte“ wird der CO2-Verbrauch der Flüge kompensiert. Das Kompensationsgeld fließt zum Beispiel in Wiederaufforstungsprojekte in Kenia. Die Besuche vor Ort sorgten sehr oft schon für ein Plus an Nachhaltigkeit.

So gelang es vor drei Jahren, das Wasser, das für das Auslösen der Bohnen aus den Kirschen verwendet wird, einer neuerlichen Nutzung in der Landwirtschaft zuzuführen. „Bis dahin floss es einfach ungenutzt ab“, so Veeh.

Bei seinem letzten Besuch heuer im Sommer besprach Veeh mit den Kleinbauern, wie man einen Bio-Zertifizierungsprozess für einen Teil des Kaffees einleiten könnte. Schon jetzt werden zwei Drittel des Kaffees ohne künstliche Spritzmittel und Dünger angebaut. Allerdings fehlte bisher das Geld für die Zertifizierung.

Veeh will über Mittel des Vereins versuchen, ab Juli 2018 einen Zertifizierungsprozess anzustoßen, so dass es ab 2019 auch einen Partnerkaffee mit Bio-Siegel geben könnte.

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