Aussitzen hilft nicht!

Sitzen ist das neue Rauchen, also ein Gesundheitsrisiko

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„Die Deutschen sitzen viel zu viel“, mahnt die Sportwissenschaftlerin Birgit Sperlich von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Die Mitarbeiterin am Institut für Sportwissenschaft forscht zum „sedentären“ Lebensstil. Im Report „Wie gesund lebt Deutschland?“¹ wurden die Ergebnisse nun vorgestellt: Die Deutschen sitzen im Durchschnitt 8,5 Stunden am Tag. Manche Altersgruppen sogar noch länger. „Beim Thema ‚Sitzen‘ ist klar: Die Dosis macht das Gift“, so die Wissenschaftlerin. Durch langes sitzen verlangsamen sich Stoffwechselprozesse, was zu diversen Gesundheitsproblemen führen könne. Vor allem die üblichen Zivilisationskrankheiten wie Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, Arteriosklerose, Fettstoffwechselstörungen, Krebs und Diabetes stünden im Verdacht, sich bei langen Sitzzeiten eher zu entwickeln – sogar, wenn sich die Person trotzdem regelmäßig bewegen würde.

„Neuere Studien zeigen zudem: Um das gesundheitliche Risiko langer Sitzzeiten von mehr als acht Stunden am Tag wirklich auszugleichen, bedarf es einer täglichen Bewegungszeit von mindestens 60 bis 75 Minuten moderat-intensiver Bewegung“, so Sperlich. Doch wie soll das gelingen, wo unser modernes Leben doch darauf ausgerichtet ist, dass wir uns möglichst wenig bewegen? Sperlich verweist auf „Klassiker“, die vor allem Bürobeschäftige leicht beherzigen können: Treppe anstatt Aufzug, persönliche Gespräche statt Telefon, Spaziergänge in der Mittagspause, zu Fuß oder mit dem Rad zur Arbeit. „Damit ist schon viel gewonnen.“ Dem stimmen auch die Physiotherapeutinnen Renée und Laura Sielemann zu, die sich in ihrer Praxis in Oberdürrbach in zwei von der Krankenkasse bezuschussten Kursen ab März dieses Jahres diesem Thema widmen. Zu langes sitzen verkürze die Muskulatur, Sehnen und Bänder des auf Bewegung ausgelegten Körpers. Die Leistungsfähigkeit der Muskulatur werde herabgesetzt und sie verkümmere. „Eine Aufrichtung wird zudem immer schwieriger und es kommt zu einer Fehl- und Überbelastung der Strukturen“, so die Expertinnen, die auf Folgen wie Rücken- und Nackenschmerzen verweisen. „Durch langes sitzen fährt zudem der Stoffwechsel herunter, weniger Kalorien werden verbrannt.“ Stehen verbrauche hingegen doppelt so viel Energie.

In dem speziell entwickelten Kurs für sedentären Lebensstil sollen die Teilnehmer:innen zwölf Einheiten an den Trainingsgeräten im Kraft-Ausdauer-Zirkel absolvieren. Dazu kommen sechs Kraftgeräte. So sollen alle Muskelgruppen, die vor sich hinkümmern durch zu viel Sitzen optimal trainiert werden. Daneben wird die Ausdauer auf dem Fahrrad und dem Crosswalker gestärkt. „Die Geräte werden individuell eingestellt. Das Training, das in zwei Runden à 35 Minuten absolviert wird, ist nahezu für jeden machbar“, so die Physiotherapeutinnen. Seit März verfügt die Praxis außerdem über spezielle Mobilisationsgeräte, um mehr Beweglichkeit zu erreichen. „Diese lösen Verspannungen in Muskeln und Faszien und helfen, die Körperhaltung zu verbessern.“ Auch muskulären Verkürzungen soll das Training entgegenwirken. Ziel sei es, die körperlichen Beschwerden im Alltag zu reduzieren und die Regeneration nach dem Training zu fördern. Denn eines steht fest: Aussitzen hilft hier keinesfalls!

Quelle:
¹https://www.ergo.com/de/Newsroom/Reports-Studien/DKV-Report

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