Auf ein langes fröhliches Alter

Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Berthold Merz über Gerontopsychiatrie

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©Krankenhaus Schloss Werneck/
Ein großer Teil der Patient:innen käme zur Diagnostik von Verhaltensstörungen wie Aggressivität, Umtriebigkeit, gestörtem Tag-Nacht-Rhythmus oder genereller Verweigerungshaltung, berichtet Berthold Merz.

„Kaum eine Entwicklung wird Deutschland in den kommenden Jahren so prägen wie der demographische Wandel“, so die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde1. Die Anzahl älterer Menschen mit psychischen Störungen nehme aufgrund der steigenden Lebenserwartung zu. Versorgt werden sie in der Gerontopsychiatrie. „Das ist ein Teilbereich der Altersmedizin als auch der Psychiatrie“, erklärt Berthold Merz, Oberarzt im Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss Werneck. „Sie beschäftigt sich mit älteren Menschen und ihren psychischen Erkrankungen, die teilweise erst in dieser Lebensphase auftreten, wie Demenz oder Verwirrtheitszustände.“ Etwa 25 Prozent der Menschen ab 65 Jahren hätten eine psychische Störung, die behandlungsbedürftig sei, so der Neurologe. Demenzen, Depressionen und Angststörungen würden zunehmen. In Werneck ist man darauf eingestellt. Das Haus verfügt über 55 Betten in der Gerontopsychiatrie auf zwei Stationen. Der Schwerpunkt in der offenen Abteilung liegt auf depressiven Zuständen, Ängsten unterschiedlicher Ursache sowie beginnenden Demenzen respektive der Diagnostik bei einem Verdacht hierauf. Auf der beschützenden Station seien vor allem Menschen mit Demenz und Verwirrtheitszuständen untergebracht, ebenso jene, die schon Jahre an einer psychischen Erkrankung leiden. „Für viele wirkt sich bereits die Stationsgemeinschaft mit den verschiedenen Therapeut:innen, Krankenschwestern und dem regelmäßigen Tagesablauf positiv aus“, berichtet Merz. Falls möglich, stünden für sie Beschäftigungs-, Musik- oder auch Bewegungstherapie auf dem Plan. Daneben gebe es auf der offenen Station auch einige spezielle Gruppen. Auf beiden Stationen würden psychologische und, wenn gewünscht, seelsorgerische Gespräche stattfinden. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch eine „möglichst schonende, altersgerechte und wissenschaftlich seriöse Medikation.“ Das sei wichtig, so der Arzt, würden doch manche Medikamente von vorneherein ausscheiden, da sie aufgrund des Alters nicht gut verträglich sind. Die Medikamente, die eingesetzt werden, würden zudem „deutlich niedriger und vorsichtiger dosiert“. Gerontospsychiatrische Erkrankungen sind oft mit körperlichen Krankheiten vergesellschaftet. Für Merz ist das nicht verwunderlich. „Mit zunehmendem Alter nimmt in der Regel die Zahl der körperlichen Erkrankungen zu“, so der Oberarzt. Es handle sich oft um Krankheiten aus der Inneren Medizin sowie dem orthopädischen Bereich. „Körperliche Probleme beeinflussen den seelischen Zustand.“ Entsprechend sorgfältig müssten Patient:innen begutachtet werden. Wenn zuvor nicht erkannte Probleme wie Schmerzen, schwere Infekte oder neurologische Syndrome (zum Beispiel Parkinson) behandelt würden, bessere sich meist auch das gesamte Befinden. Andererseits würden sich viele körperlich empfundene Beschwerden wie Bauch-, Kopf- oder Rückenschmerzen bessern, wenn Depressionen oder Angststörungen behandelt würden. Und was können Senior:innen präventiv tun, um bis ins hohe Alter psychisch fit zu bleiben? „Es ist sehr gut erforscht, was dazu nötig ist“, sagt Merz, der auf das Projekt „fit für 100“2 verweist. „Körper und Gehirn müssen zeitlebens angeregt werden.“ Wer sich vegetarisch ernähre, seinen Körper mehrmals pro Woche zum Schwitzen bringe, soziale Kontakte pflege, Übergewicht, andauernden Alkoholkonsum sowie Rauchen und zu hohen Blutdruck vermeide, „hat sehr gute Chancen auf ein langes, fröhliches Alter“.

Quellen: 1 www.dgppn.de/die-dgppn/referate/gerontopsychiatrie.html, 2 www.ff100.de

 

www.psychiatrie-werneck.de, www.ff100.de

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