Zwei riesige Herausforderungen

Das Missionsärztliches Institut in Würzburg kümmert sich um Flüchtlinge und um Ebola-Helfer

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Zusammen mit seiner Kollegin Lena Reinhardt führt August Stich einen Ebola-Schutzanzug vor. Foto: Elke Blüml/MI

Zusammen mit seiner Kollegin Lena
Reinhardt führt August Stich einen
Ebola-Schutzanzug vor.
Foto: Elke Blüml/MI

Zwei „Megathemen“ standen 2014 auf der Agenda des Missionsärztlichen Instituts (MI) in Würzburg: Die Gesundheitsversorgung der wachsenden Zahl von Flüchtlingen in Würzburg und die globale Ebola-Epidemie.

Beide Themen werden das Team um Professor Dr. August Stich auch 2015 weiter verfolgen. Zwar rechnet der Arzt damit, dass die Ebola-Epidemie allmählich abflaut. Doch die Versorgung der Flüchtlinge in der Diözese Würzburg bleibt eine große Herausforderung.

Dass immer mehr Menschen aus ihrer Heimat fliehen, braucht nicht weiter zu wundern, betont Stich: „Schließlich gibt es immer mehr internationale Krisen.“ Das betrifft die Ukraine, Syrien, Irak, Afghanistan, aber auch viele afrikanische Länder.

Die wachsenden Flüchtlingsströme seien seit langem absehbar gewesen. Politisch wurden sie jedoch beharrlich ignoriert.

Notwendige Vorbereitungen fanden darum nicht statt, so dass nun oft improvisiert werden muss und vorgesehene Kapazitäten nicht ausreichen.

Das betrifft nicht zuletzt die Gesundheitsversorgung. Sechs Mitarbeiter des Missionsärztlichen Instituts kümmern sich um kranke Flüchtlinge in Würzburg. Stich: „Weitere zwei Vollzeitstellen wären nötig.“

Seit dem Jahr 2008 versorgt das Missionsärztliche Institut kranke Asylbewerber direkt in der Gemeinschaftsunterkunft (GU). An jedem Wochentag ist ein MI-Kollege vor Ort.

Die Sprechstunden werden rege nachgefragt, so der Tropenmediziner: „Täglich kommen mehrere Dutzend Flüchtlinge zu uns.“

Inzwischen ist das MI auch mehrmals wöchentlich bei den Erlöserschwestern und auf dem Heuchelhof präsent. Dort sind sogenannte Transitflüchtlinge untergebracht.

Im Laufe des Jahres 2015 sollen möglichst viele Ärzte aus Unterfranken fortgebildet werden, damit Flüchtlinge künftig auch außerhalb Würzburgs adäquate medizinische Hilfe erhalten.

Stich: „Wir informieren bei diesen Schulungen unter anderem über hierzulande seltene Erkrankungen, die Flüchtlinge haben können.“

Die Männer und Frauen, die aus den verschiedenen Ländern dieser Welt nach Unterfranken flüchteten, sind Stich zufolge wesentlich kränker, als man das zunächst gedacht habe.

In Ebola-Gebieten muss auf Hygiene größten Wert gelegt werden. Foto: Klemens Ochel

In Ebola-Gebieten muss auf Hygiene größten Wert
gelegt werden.
Foto: Klemens Ochel

Aber nicht zuletzt aus juristischen Gründen sei die Behandlung oft schwierig. Ein Arzt kann einen Flüchtling zum Beispiel nicht einfach röntgen. Das muss offiziell genehmigt werden. Dies wiederum führt zu bürokratischem und administrativem Aufwand für die Beschäftigten des Missionsärztlichen Instituts.

Erschwerend kommen Verständnisprobleme hinzu: Viele Flüchtlinge beherrschen weder Deutsch noch geläufige Sprachen wie Englisch oder Französisch.

Die Ebola-Epedemie treibt Stich bereits seit Beginn des Jahres 2014 um: „Damals hörte ich das erste Mal davon, muss allerdings zugeben, dass ich das Ganze noch unterschätzt habe.“

Schließlich habe es auch in der Vergangenheit immer wieder kleinere Ebola-Ausbrüche gegeben. Ohne dramatische Folgen.

Als Stich zu Beginn des Sommers selbst in Sierra Leone war, kam er alarmiert zurück: „Mir war klar, dass wir uns auf eine Epidemie vorbereiten mussten.“ Dies äußerte er auch, wurde aber zunächst nicht ernst genommen. Bis im August jedermann klar war: Ebola wächst sich zu einer echten Bedrohung aus.

Lange diskutierte das Team des Missionsärztlichen Instituts, wie man mit der Ebola-Welle umgehen sollte. Normalerweise, erläutert Stich, arbeitet das MI auf Abruf: Organisationen wie Misereor fordern die Experten des Instituts an, die dann vor Ort gehen, um beim Krisenmanagement zu helfen.

Stich: „Doch diesmal wollten wir selbst aktiv werden.“ So kam es nicht nur dazu, dass MI-Kollegen nach Afrika reisten.

Das Institut baute zugleich ein Trainingszentrum auf, in dem bis Jahresende fast 200 Helfer geschult wurden. Außerdem wurden 120 Kliniken und Gesundheitsämter auf ein mögliches Auftauchen von Ebola-Fällen in Deutschland vorbereitet.

Wahrscheinlich wird es noch bis Mai nötig sein, weitere Helfer in regelmäßigen Schulungen im Trainingszentrum auszubilden: „Doch die Ebola-Welle scheint ihren Höhepunkt überschritten zu haben.“

Nun sei es wichtig, zu verstehen, warum Ebola überhaupt zu jener Tragödie werden konnte, die monatelang in Atem hielt.

Dies liege an einem völlig desolaten Gesundheitssystem in den von Krisen geschüttelten Ländern des Südens, so Stich.

Ebola ebenso wie die Flüchtlingsströme ernst zu nehmen, bedeutet, jetzt daran zu gehen, die Gesundheits- und Sozialsysteme in benachteiligten Ländern deutlich zu stärken und zu stabilisieren.

2014

  • August Stich und Dr. Eva-Maria Schwienhorst trainieren Personal im Krankenhaus in Serabu/Sierra Leone

Juli

  • In seine Online-Bibliothek Medbox stellt das Institut eine „Ebola-Toolbox“ ein, in der humanitäre Helfer Materialien zum Umgang mit dem hochgefährlichen Ebola-Virus finden.

September

  • Erster Ebola-Workshop des Instituts mit 25 Teilnehmern aus ganz Deutschland

Oktober

  • Der erste Trainingskurs für freiwillige Ebola-Helfer startet. In weiteren Kursen werden fast 200 Männer und Frauen in Theorie und Praxis auf einen Einsatz in Ebola-Gebieten vorbereitet.
  • Das Institut berät in Monrovia (Liberia) katholische Gesundheitszentren; Sondierungsreisen nach Burkina Faso, Elfenbeinküste und Senegal folgen.

Dezember

  • Der weltweit erste und einzige von Tutoren begleitete Online-Kurs zu Ebola in französischer Sprache wird vom MI konzipiert und begleitet.
  • Je drei Ebola-Workshops in Burkina Faso und im Senegal zur Ausbildung lokaler Trainer in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch Institut (RKI).
  • Zweiter Beratungseinsatz in Monrovia

2015

Januar

  • Kurienkardinal Peter Turkson bittet das Institut um Begleitung bei der praktischen Umsetzung des Ebola-Aktionsplans des Vatikan.
  • Fortführung des Ebola-Trainings im Senegal durch den nationalen Verband der katholischen Gesundheitszentren (ANPSCS).

Februar/März

  • Fortführung des Ebola-Trainings in Burkina Faso
  • Stärkung der lokalen Gesundheitsdienste durch verbesserte Hygiene und Infektionsprävention im Senegal und Burkina Faso (Beratungsbesuch)

 

 

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