Die Leute zieht’s aufs Land

Der bundesweite Trend ist auch in Mainfranken beobachtbar

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Es ist jedes Mal wieder ein Hochgenuss für Konrad Schlier, abends nach getaner Arbeit heimzukommen. „Unser Haus liegt sehr ruhig, es ist von einem großen Grundstück umgeben, dort zu sein, ist pure Erholung“, sagt der Bürgermeister von Bergtheim bei Würzburg. Nach dem, was er tagtäglich genießt, sehnen sich immer mehr Menschen. Vor allem Bergtheim bekommt die aktuelle „Landlust“ zu spüren: „Durch neue Baulandausweisungen sind wir in den letzten Jahren richtig gut gewachsen.“ In seiner Heimatgemeinde habe man das Glück, keine Wucherpreise verlangen zu müssen, schildert Schlier. Zuletzt zahlte man für Bauland in Bergtheim etwas weniger als die Hälfte jenes Preises, der in Würzburger Stadtrandgemeinden verlangt wurde: „Gleichzeitig haben wir infrastrukturell viel zu bieten.“ Es gibt mehrere Lebensmittelläden, fünf praktische Ärzt:innen, eine Grundschule sowie einen Kindergarten: „Auch haben wir einen Bahnhof mit täglich 20 Verbindungen nach Würzburg oder Schweinfurt.“ Konrad Schlier kam, vor allem durch seine Zeit bei der Bundeswehr, viel in deutschen Landen herum: „Doch wo auch immer ich war, es zog mich stets hierher zurück.“ Schlier liebt die Ruhe auf dem Land. Und er liebt die Freund:innen, die er an seinem Heimatort hat. Was in Bergtheim passiert, ist kein Einzelfall. Die Studie „Landlust neu vermessen“ des Berlin-Instituts für Bevölkerungsentwicklung belegt, dass seit 2017 vor allem kleine Kommunen an Attraktivität gewonnen haben. Die Zuzüge übersteigen die Wegzüge bei Weitem. 2020, zu Beginn der Corona-Krise, lagen erstmals die sehr peripheren Orte in ihrer Beliebtheit vorn. „Auf dem Land kam man besser durch die Corona-Krise als in der Stadt, vor allem, weil man rasch in der Natur war“, sagt dazu Bernd Korbmann, Bürgermeister von Altertheim im Landkreis Würzburg. Im Übrigen könne auch er konkret in Altertheim feststellen, dass es die Menschen neu aufs Land zieht. Der in der Studie nachgewiesene Trend lässt sich auch am Beispiel der Gemeinde Waldbrunn bei Würzburg belegen. Für Bürgermeister Markus Haberstumpf allerdings ist es nicht erstaunlich, dass er in letzter Zeit viele Neubürger:innen gewinnen konnte: „Wir haben große Neubaugebiete und eine gute Verkehrsanbindung.“ Auch er bestätigt, dass die Corona-Krise zur neuen Landlust beigetragen hat: „Wir waren auf dem Land weniger eingeengt als in der Stadt.“ Was für Bergtheim und Waldbrunn gilt, gilt auch für Kolitzheim im Kreis Schweinfurt. „In den letzten zehn Jahren wuchs unsere Gemeinde durchschnittlich um je ein Prozent“, berichtet Bürgermeister Horst Herbert. Jedes Jahr zogen demnach 50 bis 60 Menschen nach Kolitzheim zu. „Die Nachfrage nach Bauplätzen erlebte bei uns einen richtigen Boom“, so der Bürgermeister. Er selbst, so Horst Herbert, sei „ein Kind des Landes“: „Ich habe nie in einer größeren Stadt gelebt.“ Der Bürgermeister schätzt die Freiheit auf dem Land, die Begegnung mit den Dorfbewohner:innen und das Vereinsleben: „Meine beiden Kinder verbrachten einige Jahre zwecks Studium und Beruf in städtischen Bereichen, allerdings zog es sie wieder in die Heimat zurück.“ Die „neue Landlust“ ist allerdings nicht überall in Unterfranken spürbar. So macht Kerstin Deckenbrock, Bürgermeisterin von Triefenstein in Main-Spessart, andere Erfahrungen als ihre Kollegen. Ihre Gemeinde wuchs zwar 2022 und 2023 ebenfalls. Allerdings vor allem deshalb, weil 70 ukrainische Flüchtlinge zuzogen. Attraktiv sind nach ihren Worten die auf dem Dorf günstigeren Mieten: „Die Bauplatzpreise allerdings können auch bei uns nicht mehr günstig sein, da die Bau­erschließungskosten steigen.“ In Willanzheim bei Kitzingen beobachtet man weder eine neue Landlust noch eine Landflucht. „Unsere Bevölkerung bleibt konstant“, sagt Bürgermeisterin Ingrid Reifenscheid-Eckert. Sie selbst liebt das Landleben sehr. Wegen der Ruhe. Und wegen des Lebens, umgeben von der Natur.

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