Ein Barfuß-Doktor erzählt

46 Jahre Landarzt: Dr. Peter Rost über die Leidenschaft für den Beruf

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Dr. Rost © privat

Der Begriff „Barfuß-Doktor“ stammt ursprünglich aus China. Hier zogen Personen mit Wissen in traditioneller chinesischer Medizin von Dorf zu Dorf, meist barfuß, um auf dem Land ein Minimum an medizinischer Versorgung zu gewährleisten – meist ohne akademische Ausbildung. In Deutschland bezeichnet man heute auch akademisch ausgebildete Mediziner als Barfuß-Ärzte, wenn sie ohne nennenswerte Hilfsmittel oder Apparate arbeiten. Dr. Peter Rost (81), seit über 50 Jahren Allgemeinarzt, bezeichnet sich selbst mit Stolz als Barfuß-Doktor. Er habe bei einem Kongress in München einmal seine Schuhe ausgezogen, sei barfuß zum Podium gelaufen und habe so auf eine abwertende Bemerkung eines Facharzt-Kollegen gegenüber Allgemeinmediziner:innen pariert. Die Tätigkeit der Allgemeinärzt:innen sei vielleicht bar von Nimbus, aber Hausärzt:innen seien umfassend ausgebildet, um Menschen ganzheitlich helfen zu können, so Dr. Rost. „Für mich als Hausarzt steht die Beziehung zum Menschen im Vordergrund, das Interesse an dessen Familiengeschichte und dessen Aufgaben im Leben. Und nicht zuletzt muss ich als Allgemeinarzt Leidenschaft für mein Tun und generell Liebe zu Menschen mitbringen.“ Er praktiziere seit 46 Jahren Sprechende Medizin und könne zu 80 Prozent damit eine Diagnose stellen. Den ganzheitlichen Blick auf Patient:innen und deren Krankheiten habe er nie aus den Augen verloren. Und heute mit 81, immer noch halbtags als Landarzt in Randersacker in seiner Praxis zusammen mit seinem Sohn Michael tätig, gönne er sich den Luxus, sich wirklich Zeit für seine Patient:innen zu nehmen. „Das kann ich mir natürlich nur leisten, weil mein Sohn die Pflicht absolviert, wozu unter anderem Buchhaltung, Dokumentation und Abrechnung gehört, und ich mich so voll und ganz auf die Kür, das Arztsein, konzentrieren kann“, so der Facharzt für Innere Medizin. Aus einer Arztfamilie stammend (in der sechsten Generation), scheine sein Verständnis von Medizin heute aus der Zeit gefallen, so der Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande. Etwa in Bezug auf die stetig voranschreitende Digitalisierung bis hin zur KI-basierten Medizin, die immer stärkere Spezialisierung in allen Fachbereichen, gepaart mit dem Anspruch auf Work-Life-Balance und geregelten Arbeitszeiten von Ärzt:innen. Sein Vater und auch er waren noch Tag und Nacht Arzt, das gäbe es heute nicht mehr. Das sei auch gut so! „Aber nicht alles früher war schlecht!“ In seinem Buch schreibt Peter Rost über das dynamische Gleichgewicht, wenn es um die Gesundheit geht. Davon das große Ganze im Blick zu behalten und nicht nur Einzelteile zu fokussieren. Davon, ob eine 85-jährige Frau wirklich 15 Tabletten täglich zu sich nehmen müsse, die sie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus verschrieben bekommen hat. Er persönlich nehme zwei Tabletten, einen Blutdrucksenker und ein Mittel für die Niere, und seit Kurzem noch Vitamin D. „Weniger ist oft mehr. Jedes zusätzliche Medikament tritt in Wechselwirkung zu den bereits verordneten“, so der frühere Lehrbeauftragte an der Universität Würzburg. „Aber auch jedes Wort, was man sagt oder nicht sagt, hinterlässt Spuren.“ Sprechende Medizin und der ganzheitliche Blick auf den Menschen sei wieder en vogue. Eine Tendenz, die die Geister, die wir riefen, – zum Teil – zurück in ihre Schranken weist und gepaart mit der neuen „Landlust“ das Landärzt:innen-Dasein für angehende Mediziner:innen wieder interessant macht. Apropos angehende Mediziner:innen … jungen Kolleg:innen empfiehlt Dr. Rost gerne die Lektüre von „Die Verlorene Kunst des Heilens“ von Bernhard Lown. Sie sei ein Plädoyer für eine Medizin mit menschlichem Gesicht, basierend auf einer gelungenen auf Vertrauen basierenden Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen.

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